Das Land Rheinland-Pfalz war zusammen mit seinen Kommunen zum Jahresende 2020 mit rund 43,9 Milliarden Euro verschuldet. Wie das Statistische Landesamt in Bad Ems mitteilt, stiegen die Schulden des öffentlichen Gesamthaushalts im Vorjahresvergleich damit um rund 940 Millionen Euro bzw. 2,2 Prozent. Die rechnerische Pro-Kopf-Verschuldung wuchs auf über 10.700 Euro (plus 220 Euro).
Während die Schulden des Landes spürbar um 3,4 Prozent auf rund 30,9 Milliarden Euro anstiegen, sanken die Schulden der Kommunen leicht um 0,5 Prozent auf 13 Milliarden Euro.
Regionale Betrachtung
In den kreisfreien Städten verringerten sich die Schulden um 0,3 Prozent. Ihr Schuldenstand betrug zum Jahreswechsel rund 6 Milliarden Euro; pro Kopf waren das rechnerisch rund 5.600 Euro.
Für die Landkreisbereiche (Kreise inklusive der zugehörigen Verbands- und Ortsgemeinden) berechneten die Statistiker einen Schuldenrückgang um 0,9 Prozent. Die Schulden fielen auf 6,2 Milliarden Euro bzw. knapp 2.100 Euro je Einwohnerin bzw. Einwohner.
Die Regionen wiesen teilweise deutliche Unterschiede auf. Bei den kreisfreien Städten wurde für Landau in der Pfalz (1.420 Euro) die niedrigste, für Pirmasens (9.870 Euro) die höchste Pro-Kopf-Verschuldung ermittelt. Innerhalb der Landkreisbereiche verbuchte der Westerwaldkreis die geringsten Schulden (420 Euro). Die höchsten Schulden pro Kopf hatte der Landkreisbereich Kusel. Rechnerisch entfiel hier auf jede Einwohnerin bzw. jeden Einwohner eine Schuldenlast von 6.430 Euro, also fünfzehnmal so viel wie im Westerwaldkreis. Die Spannweite zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Schuldenstand pro Kopf nahm 2020 weiter zu.
Für die Landkreishaushalte (Kreise ohne zugehörige Verbands- und Ortsgemeinden) ergibt sich ein Schuldenwert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro. Hier sank die Verschuldung deutlich um 3,4 Prozent; je Kopf verblieben rechnerisch rund 750 Euro. Mainz-Bingen konnte hier den niedrigsten Wert für sich reklamieren: Wie schon in den Vorjahren war der Kreishaushalt dieses Landkreises komplett schuldenfrei. Im Landkreis Kusel lagen die Schulden des Kreishaushalts hingegen bei rund 2.770 Euro je Einwohnerin bzw. Einwohner. Auch bei den Kreishaushalten nahm die Spannweite zu.
Art der Schulden
Das Land sowie die kommunalen Gebietskörperschaften können sich grundsätzlich durch Investitionskredite, Liquiditätskredite und Wertpapierkredite verschulden. Obwohl Liquiditätskredite eigentlich nur zur Überbrückung von vorübergehenden Kassenanspannungen gedacht waren, machen diese bei den Kommunen inzwischen einen hohen Anteil an der Gesamtverschuldung aus. Die kreisfreien Städte hatten Ende 2020 rund 47 Prozent ihrer Gesamtverschuldung in Form von Liquiditätskrediten aufgenommen (2019: 46 Prozent); beim Landkreisbereich betrug der Anteil 37 Prozent (2019: 39 Prozent).
Traditionell nutzt das Land kaum Liquiditätskredite. Letztere machten zum Jahresende 2020 knapp fünf Prozent der Gesamtverschuldung der Landesebene aus (2019: vier Prozent). Das Land greift bei der Verschuldung überwiegend auf das Instrument der Wertpapierschulden zurück.
Längerfristiger Vergleich
In den vergangenen 20 Jahren ist die Verschuldung des Landeshaushalts einwohnerbezogen um 57 Prozent gestiegen. Bei den Kommunen erhöhte sich in diesen Jahren die Schuldenquote um 122 Prozent. Für das Land und die Kommunen zusammen ergab dies einen Schuldenzuwachs von 72 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum wuchs das Bruttoinlandsprodukt je Einwohnerin bzw. Einwohner in Rheinland-Pfalz um rund 49 Prozent.
Nach seinem vorläufigen Höchststand in 2012 konnte das Land zunächst seine Schulden bis 2019 reduzieren. Die Schulden sanken in diesem Zeitraum um fast 10 Prozent. Dieser rückläufige Schuldentrend wurde im Coronajahr 2020 durch den Schuldenanstieg von 3,4 Prozent durchbrochen. Die Kommunen können seit 2015 auf eine leicht rückläufige oder zumindest konstante Schuldenlage blicken. Im Unterschied zum Land sank bei ihnen selbst im Krisenjahr 2020 die Verschuldung.
Vergleich der Bundesländer
Im Vergleich der Bundesländer weist Rheinland-Pfalz 2020 eine überdurchschnittliche Verschuldung auf: Die Landesebene liegt 12 Prozent, die Kommunalebene 66 Prozent über dem Pro-Kopf-Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer. Damit weisen die rheinland-pfälzischen Kommunen 2020 erstmals deutschlandweit den höchsten Wert aus. In anderen Bundesländern wurde die vormals sehr hohe kommunale Verschuldung in den vergangenen Jahren deutlich stärker reduziert als in Rheinland-Pfalz. Vielfach übernahm die Landesebene einen wesentlichen Teil der Schulden ihrer Kommunen – zum Teil wurden die Schulden auch nur in Einheiten außerhalb des Berichtskreises der amtlichen Schuldenstatistik überführt.
Der Blick auf den Bundesvergleich bei den Liquiditätskrediten verdeutlicht die angespannte kommunale Lage: Die heimischen Kommunen liegen mit rund 1.260 Euro je Einwohnerin bzw. Einwohner 176 Prozent über dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer. Lediglich für das Saarland ergab sich ein noch höherer Wert.
Die Landesebene von Rheinland-Pfalz schneidet im Ländervergleich hingegen vergleichsweise gut ab. Unter den westdeutschen Flächenländern verbuchten lediglich die Landesregierungen in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern noch niedrigere Pro-Kopf-Schulden.
Regionales Datenangebot
Die Daten zu den Schuldendaten aller Kommunen gibt es im Regionaldatenangebot Geowebdienste (Karten sowie sortier- und exportierbare Tabellen).
Die Daten stammen aus der jährlichen Schuldenstatistik. Die Schulden umfassen Liquiditätskredite (Kassenkredite), Investitionskredite und Wertpapierkredite der Kernhaushalte und der Extrahaushalte des Landes bzw. der kommunalen Gebietskörperschaften in Rheinland-Pfalz zum Stichtag 31. Dezember 2020. Als Schulden werden nur Schulden gegenüber dem nicht-öffentlichen Bereich, wie z. B. gegenüber Kreditinstituten und Banken ausgewiesen (in Analogie zum „Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt“ sowie dem 2012 zusätzlich unterzeichneten „Europäischen Fiskalpakt“). Schulden innerhalb des öffentlichen Bereichs, wie z. B. zwischen einer Gemeinde und einer Verbandsgemeinde, bleiben demnach unberücksichtigt. Die Pro-Kopf-Verschuldung bezeichnet die rein rechnerische Verschuldung der jeweiligen Gebietskörperschaft in Relation zur Einwohnerzahl.
Autor: Dr. Christoph Wonke (Referat Öffentliche Finanzen)
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Quelle Text/Bild:
Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz
Mainzer Straße 14-16
56130 Bad Ems
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Kaiserslautern, 28.07.2021