Am Montag, dem 16.3.2020, sollte in der geplanten Sitzung des Stadtrates, ein Beschlussantrag des Inklusionsbeirates zur Wiederbesetzung der Stelle eines/einer Behindertenbeauftragten vorgelegt werden. Herr Peter Wildt, der das Amt als hauptamtlicher Behindertenbeauftragter seit 1981 bekleidete, ist im Dezember 2019, ohne geregelte Nachfolge in den Ruhestand verabschiedet worden. Seit dem, wurde die Stelle nicht wieder besetzt und ist auch nicht ausgeschrieben worden.
Da die geplante Stadtratssitzung infolge der Maßnahmen zum Schutz von der Corona- Pandemie abgesagt werden musste, konnte über den Antrag leider nicht entschieden werden. Somit bleibt die Stelle der/des Behindertenbeauftragten vermutlich weiterhin auf unbestimmte Zeit unbesetzt.
Aufgrund dieser Sachverhalts kann leider auch weiterhin nur ein Bruchteil der anfallenden Aufgaben von Frau Augustin, welche die kommissarische Vertretung neben ihrem regulären Tätigkeitsfeld übernommen hat, erledigt werden. Das bedeutet unter anderem, dass wichtige Beratungen nicht mehr vollumfänglich durchgeführt werden können, obwohl der Beratungsbedarf durch das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) enorm gestiegen ist. Auch der Inklusionsbeirat ist derzeit nur sehr eingeschränkt handlungsfähig, da auch die Geschäftsführung des Beirates der bzw. dem Behindertenbeauftragten obliegt. (Anm.: Welche Aufgabenbereiche über die Stelle im Einzelne abgedeckt werden müssten, kann der Beschlussvorlage des Inklusionsbeirates entnommen werden)
In einer so schwierigen Lage wie wir sie jetzt aktuell erleben, wird deutlich, wie wichtig eine kompetente Unterstützung der Behörde für die Betroffenen wäre und welch fatale Folgen es hat, dass die Stelle zur Zeit nicht wieder hauptamtlich besetzt ist.
Was in dieser, für behinderte Menschen besonders bedrohlich wirkenden Situation ebenfalls fehlt, ist allumfassende, barrierefrei zugängliche, Information.
Viele Menschen mit Behinderungen sind aufgrund der „Corona-Pandemie“ und den damit verbundenen einschneidenden Maßnahmen, extrem verunsichert. Für Menschen die aufgrund ihrer Behinderung z.B. zur Risikogruppe gehören, und jenen die auf Pflege, Unterstützung, Assistenz und Unterstützung etc. angewiesen sind, wäre es jetzt absolut notwenig, unbehindert an alle grundlegenden Informationen zu gelangen.
Doch dies ist aktuell nicht möglich, weil es weder von Seiten der Stadt, noch von dem Landkreis einen barrierefreien Zugang zu wichtigen Informationen zur Prävention, Behandlung und Serviceleistungen im Bezug auf die derzeitige Situation und somit auch nicht zu der Allgemeinverfügung der Stadt und den damit verbundenen Maßnahmen gibt. Die Homepage der Stadtverwaltung ist weder in leichter Sprache, noch für Blinde und Gehörlose etc. nutzbar. Die Seite auf der Homepage der Stadt, die speziell behinderte Menschen ansprechen soll, ist veraltet und in der momentanen Situation wenig hilfreich.
Jetzt fällt der Stadt auf die Füße, dass sie eine gesetzliche Vorlage der EU zur barrierefreien Nutzung von Internetangeboten noch immer nicht umgesetzt hat. Bereits im Dezember 2016 wurde die EU-Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. (Stichtag zur Umsetzung ist der 23.September 2020)
(siehe hierzu : „EU-Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu den Webangeboten öffentlicher Stellen“ → https://bik-fuer-alle.de/eu-richtlinie-barrierefreie-webangebote- oeffentlicher-stellen.html ).
Für eine Stadt, die sich selbst als soziale Stadt bezeichnet und sich gerne als „Herzlich Digital“ präsentiert, ist das aus unserer Sicht ein Armutszeugnis.
Gerade in der derzeitigen Notstandssituation wäre es ausgesprochen wichtig, alle Informationen inklusiv und barrierefrei für alle Menschen, die in Kaiserslautern leben, bereit zu stellen.
Es besteht dringender Handlungsbedarf Inklusion darf kein Lippenbekenntnis bleiben
Überarbeitete Fassung der Beschlussvorlage 0162 – 2020
Quelle Text:
Christine Tischer
Vorsitzende des Inklusionsbeirats Kaiserslautern
Kaiserslautern, 18.03.2020