Autonome Landwirtschaft in 2045? Neue Studie über die Autonomisierung von Landmaschinen

Die Entwicklung und Einführung von Landmaschinen auf hochautomatisiertem bis hin zu fahrerlosem Level wird starke Auswirkungen auf die zukünftige Form der globalen Landwirtschaft haben. Dies wirft zwangsläufig die Frage auf, wie schnell und wann die neuen Technologien den Markt erobern und bestimmen werden.

Das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE hat in Zusammenarbeit mit der Kleffmann-Group (KG) eine Studie durchgeführt, die sich mit dem Stand der Technik sowie mit der zukünftigen weltweiten Entwicklung des Marktes für autonome Landmaschinen beschäftigt. Die Studie basiert auf Expertenbefragungen und entwickelt mithilfe eines empirischen Modellierungsansatzes mögliche Zukunftsszenarien bis zum Jahr 2045. Dabei wurden vier grundlegende Autonomieebenen der landwirtschaftlichen Produktion unterschieden, um ihre zukünftige Entwicklung vorherzusagen. Diese sind:

• ausschließlich menschengesteuerte Maschinen (d.h. ohne oder mit geringer technologischer Unterstützung),
• menschengesteuerte Maschinen mit Assistenzsystemen (d.h. mit technologischer Unterstützung, z.B. GPS-gestütztes Fahren),
• überwachte autonome Maschinen (d.h. mit autonomen Funktionen, die direkt von einem Menschen überwacht werden)
• völlig autonome Maschinen (d.h. ohne menschliche Aufsicht)

Wie sieht die zukünftige Entwicklung bei Landmaschinen aus?
Die Studie kommt zu folgenden Ergebnissen:

(1) Ausschließlich menschengesteuerte Systeme werden so bleiben, wie sie heute sind, aber
(2) für die anderen drei Klassen werden erhebliche Änderungen erwartet: Assistenzsysteme werden in der Lage sein, komplexere Betriebsvorgänge zu unterstützen, da sie mit mehr Kameras und Sicherheitsfunktionen ausgestattet sein werden. In der Langzeitperspektive wird sich die Klasse der überwachten autonomen Maschinen weiterentwickeln, mit geringeren Anforderungen an die Anwesenheit und Qualifikation einer Aufsichtsperson; die bereichs- und anwendungsspezifischen autonomen Bearbeitungsschritte werden in universellere Aktions- und Arbeitsformen übergehen. Die Klasse der völlig autonomen Maschinen wird sich von reinen Demosystemen über die Zwischenstufe von Systemen, die mit definierten Plänen autonom auf dem Feld agieren, langfristig hin zu Systemen entwickeln, die eine Grobplanung über andere Systeme erhalten und dann völlig autonome Aktionen durchführen.
(3) In Bezug auf die Entwicklung des Traktorenmarktes zeigt sich, dass die Nachfrage nach Traktoren hauptsächlich von den asiatischen Ländern vorangetrieben werden wird, während die Einführung autonomer Technologien von Nordamerika und Westeuropa angeführt wird (siehe Tabelle 1).

Wie wird der landwirtschaftliche Produktionszyklus zukünftig aussehen?
Die üblichen Bearbeitungsschritte im Laufe eines Anbaujahres sind Bodenbearbeitung, Aussaat, Unkrautbekämpfung, Düngung, Pflanzenschutz und Ernte. Die Autonomisierung hat unterschiedliche Auswirkungen auf jeden dieser Bereiche:

Zukünftig werden Arbeitsschritte mit hohen Anforderungen an die Zugleistung, wie z.B. die Bodenbearbeitung oder die Ausbringung von organischem Dünger, von bestehenden Traktorsystemen und Anbaugeräten unter Berücksichtigung einer möglichst geringen Bodenverdichtung autonom durchgeführt. Eine ähnliche Entwicklung wird für Transport- und Logistikaufgaben wie den Transport von Erntegut oder Gülle erwartet.

Die Arbeitsschritte Saatgut, mechanische Unkrautbekämpfung, mineralische Düngung und Pflanzenschutz haben ein hohes Potenzial, in Zukunft durch autonome Maschinen oder Roboterschwärme ersetzt zu werden. Diese Arbeitsschritte haben durch teilflächenspezifische Applikationen das höchste Potenzial zur Effizienzsteigerung. Durch die kontinuierliche Verbesserung der autonomen landwirtschaftlichen Systeme wird der konkurrierende Faktor Flächenleistung in Zukunft ausgeglichen. Insbesondere bei Reihenkulturen (z.B. Mais und Zuckerrüben) gibt es bereits autonome Ansätze, mit unterschiedlichen Robotergrößen bis hin zu Roboterschwärmen.

Bei der Ernte sind neue Ansätze denkbar, wie z.B. die Aufteilung in einzelne Arbeitsschritte. Zunächst liegt der Fokus jedoch vor allem auf der automatischen Maschinenoptimierung im laufenden Betrieb.

Zusammenfassung
Zusammenfassend zeigt sich, dass durch die zunehmende Automatisierung in der Landwirtschaft der Fokus stärker auf die einzelne Pflanze gerichtet sein wird und die Arbeitsschritte rund um die Pflanze aufgrund der potenziellen Effizienzsteigerung durch reduzierten Ressourceneinsatz zunehmend automatisiert werden.

Jedoch ist erkennbar, dass der Wandel hin zu autonomen Agrarsystemen einem eher langsamen, aber kontinuierlichen Prozess folgt. Die Geschwindigkeit, mit der die Landwirte autonome Systeme einführen werden, wird zwischen den verschiedenen Regionen/Märkten allerdings erheblich variieren. Dies ist natürlich auch eine Folge der unterschiedlichen Betriebs- und Produktionsgrößen und -strukturen.

Quelle Text/Bild:
Fraunhofer IESE
Nicole Spanier-Baro, Abteilungsleiterin Marketing/PR
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Kaiserslautern, 08.11.2019