Über 12 Prozent der Rheinland-Pfälzer/-innen an Depressionen erkrankt

Rund 500.000 Betroffene

Knapp 9,5 Millionen Menschen in Deutschland waren laut dem aktuellen „Gesundheitsatlas Deutschland“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) 2022 von Depressionen betroffen. Depressionen gehören damit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen Deutschlands. Die Prävalenz der diagnostizierten Erkrankungen ist in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gestiegen und hat zuletzt mit 12,5 Prozent einen neuen Höchststand erreicht. In den Pandemiejahren ist ein Anstieg insbesondere bei jüngeren Menschen zwischen 10 und 24 Jahren sowie bei den Älteren über 65 Jahre zu erkennen.

Der Blick nach Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz liegt mit rund 12,2 Prozent Erkrankten unterhalb des bundesweiten Durchschnittswerts von 12,5 Prozent. Knapp 500.000 Betroffene in Rheinland-Pfalz waren ab dem zehnten Lebensjahr an einer Depression erkrankt. Der aktuelle Gesundheitsatlas analysiert unter anderem auch die regionale Verteilung der Erkrankung: Der niedrigste Anteil an Personen mit Depressionen findet sich mit 10,2 Prozent im Rhein-Pfalz-Kreis. Am stärksten betroffen ist Zweibrücken: Dort liegen bei 15,7 Prozent der Bevölkerung Depressionen vor.
Im Verlauf der letzten fünf Jahre ist die Depressions-Prävalenz angestiegen.

Während 2017 noch 11,7 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner von Rheinland-Pfalz ab zehn Jahren eine ärztlich diagnostizierte Depression hatten, waren es im Jahr 2022 bereits 12,2 Prozent. „Wir sehen, dass insgesamt verstärkt ältere Menschen von Depressionen betroffen sind. Einsamkeit ist ein entscheidender Risikofaktor für das Entstehen von Depressionen. Gerade in Pandemiezeiten waren besonders Menschen in hohem Alter häufig allein und isoliert“, sagt Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse.



Frauen sind häufiger betroffen

Laut der AOK-Analyse kommen Depressionen bei Jugendlichen zwischen 10 und 14 Jahren mit rund zwei Prozent noch selten vor. Mit zunehmendem Alter zeigt sich jedoch ein deutlicher Anstieg der Depressionshäufigkeit. In allen Altersgruppen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Bei den 60- bis 64-Jährigen leidet mehr als jede fünfte Frau und fast jeder sechste Mann an Depressionen. In den Altersklassen zwischen 65 und 74 Jahren ist dann ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Nach diesem „Knick“ steigt die Kurve jedoch weiter deutlich an. Der Prävalenzgipfel wird bei den 80 bis 84-jährigen Frauen mit 27,3 Prozent erreicht. Bei den Männern wird die höchste Prävalenz mit 17 Prozent in der Altersgruppe ab 90 Jahren gemessen. Im Schnitt sind 15,2 Prozent der Frauen betroffen, während bei den Männern 9,1 Prozent an Depressionen leiden.

Produktions-Ausfallkosten von 6,9 Milliarden Euro durch Depressionen

Die Relevanz der Erkrankung zeigt sich auch bei den volkswirtschaftlichen Kosten, die im Gesundheitsatlas Deutschland analysiert werden. So entfielen nach der letzten vorliegenden Krankheitskosten-Statistik des Statistischen Bundesamtes 9,5 Milliarden Euro auf Depressionen. Dies entspricht 2,2 Prozent aller Krankheitskosten. Zusätzlich zu den direkten Krankheitskosten entstehen indirekte Kosten durch krankheitsbedingte Fehltage. Der Anteil der bei der AOK versicherten Beschäftigten, die 2022 wegen einer Depression krankheitsbedingt ausgefallen sind, ist mit 2,7 Prozent vergleichsweise gering. Allerdings fehlten die Betroffenen im Vergleich zu anderen Erkrankungen überdurchschnittlich lange an ihrem Arbeitsplatz: Die Ausfalltage wegen Depression belegen mit durchschnittlich 43 Tagen je Fall einen Spitzenplatz unter den Erkrankungen, die eine Arbeitsunfähigkeit auslösen. Auf die 34,5 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahr 2022 hochgerechnet ergeben sich daraus 53,8 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage und Produktions-Ausfallkosten in Höhe von etwa 6,9 Milliarden Euro. Der Anteil der Depressionen an den gesamten volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit beläuft sich somit auf 7,7 Prozent.

Wichtig ist der AOK, möglichst vielen Menschen einen unkomplizierten Zugang zu gesundheitsfördernden Angeboten zu bieten. Dies bedeutet den Menschen an Orten zu begegnen, an denen sie einen großen Teil ihres Tages verbringen. Die Gesundheitskasse ist nicht nur im Krankheitsfall für ihre Kundinnen und Kunden da, sondern trägt durch vielfältige Präventionsangebote dazu bei, dass vermeidbare Gesundheitsbelastungen erst gar nicht entstehen. Im Akut- oder Erkrankungsfall bieten AOK-Onlinecoachs wie moodgym oder Familiencoach Depression wertvolle Unterstützung bei Depression – und dies nicht nur den Betroffenen selbst, sondern der ganzen Familie.

Stigmata abbauen und Wissenslücken schließen

Depressionen sind eine der häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland und führen zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität. „Oft sind Patientinnen und Patienten nicht mehr in der Lage, ihren alltäglichen Aktivitäten nachzugehen. Obwohl das Krankheitsbild immer mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt, bleibt das Bild über die Betroffenen oft von Vorurteilen und Stigmata geprägt. Dadurch können Patientinnen und Patienten stark belastet sein“, erklärt Niemeyer. Der Gesundheitsatlas Deutschland solle dazu beitragen, Wissenslücken beim Thema Depressionen zu schließen, ein Bewusstsein für die große Bedeutung dieser Erkrankung zu schaffen und Berührungsängste abzubauen. Und: „Der Gesundheitsatlas kann den Akteuren vor Ort zudem Hinweise geben, welche Veränderungen an den Verhältnissen vor Ort nützlich sein können, um die Krankheitsraten zu senken.“

Der knapp 150-seitige „Gesundheitsatlas Deutschland“ zum Thema Depression ist im Vorfeld des „Welttages der seelischen Gesundheit“ am 10. Oktober veröffentlicht worden und steht zum kostenfreien Download auf der Gesundheitsatlas-Website des WIdO bereit: www.gesundheitsatlas-deutschland.de/erkrankung/depressionen

Zum Hintergrund – Depression: Was ist das?

Depressionen werden der Gruppe der affektiven Störungen zugerechnet, die zu den psychischen Erkrankungen gehören. Im Fokus des Gesundheitsatlas Deutschland stehen die unipolaren Depressionen. Eine gedrückte Stimmung mit Interessenlosigkeit und Antriebsminderung hält bei den Betroffenen über einen längeren Zeitraum an. Zu den unipolaren Depressionen werden akute depressive Episoden, rezidivierende (wiederkehrende) depressive Störungen und chronische depressive Störungen inklusive Dysthymien gezählt. Bei den Dysthymien sind die depressiven Symptome weniger stark ausgeprägt, halten jedoch über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren an. Zur Ermittlung von Personen mit Depressionen werden für die Auswertungen im „Gesundheitsatlas Deutschland“ Patientinnen und Patienten mit ärztlich dokumentierten Diagnosen aus dem ambulanten und stationären Bereich erfasst. Dabei müssen Diagnosen aus dem Krankenhausbereich als „gesichert“ klassifiziert sein und Diagnosen aus dem ambulanten Bereich in mindestens zwei von vier Quartalen des Auswertungsjahres dokumentiert sein. Es gibt eine Reihe von Risikofaktoren, die die Entstehung der Krankheit beeinflussen können. Kritische Lebensereignisse wie Beziehungskrisen, Todesfälle, berufliche Enttäuschungen oder Traumata durch Gewalt, Krieg oder Missbrauch können eine Erkrankung begünstigen. Daneben spielen Faktoren wie das Alter, das Geschlecht oder das Vorliegen chronischer Erkrankungen eine Rolle. Dass Frauen häufiger an Depressionen erkranken, kann möglicherweise durch hormonelle Schwankungen erklärt werden. Dazu gehören zyklusassoziierte Schwankungen, aber auch hormonelle Veränderungen rund um die Schwangerschaft oder in den Wechseljahren. Außerdem kann es sein, dass Frauen im Laufe ihres Lebens mehr Stressoren ausgesetzt sind als Männer, die die Entstehung von Depressionen begünstigen. Auch chronischer Stress ist ein Risikofaktor für Depressionen. Am Arbeitsplatz ist es daher wichtig, das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden über Kriterien wie Entscheidungsspielraum, Kontrolle und Vorhersehbarkeit zu fördern. Aber auch Entwicklungsmöglichkeiten oder die Förderung von Fähigkeiten tragen dazu bei, Mitarbeitende vor der Entwicklung psychischer Erkrankungen zu schützen.

Innovatives Verfahren ermöglicht Aussagen auf lokaler Ebene

Für den Gesundheitsatlas ist ein Hochrechnungsverfahren zum Einsatz gekommen, das für diesen Zweck vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt worden ist. Es erlaubt durch Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands bis auf die lokale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet. Ziel der Analysen des Gesundheitsatlas ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen.

Zum Gesundheitsatlas:

Die Webseite des Gesundheitsatlas bietet einen systematischen Blick auf 24 Krankheiten. Mehr Informationen zu Rückenschmerzen aber auch kardiovaskuläre Erkrankungen, psychische Erkrankungen, Krebserkrankungen, Diabetes Typ 2, Demenz oder Atemwegserkrankungen stehen unter https://www.gesundheitsatlas-deutschland.de zur Verfügung.

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Quelle Text/Bild:
AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse
Virchowstraße 30
67304 Eisenberg

www.aok.de
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Kaiserslautern, 10.10.2024