Justizminister Herbert Mertin stellte heute in Mainz auf einer Pressekonferenz des Ministeriums der Justiz die Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2023 vor. In dieser Statistik werden alle rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vor den Strafgerichten des Landes Rheinland-Pfalz erfasst. Damit unterscheidet sie sich von der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), die eine Zusammenstellung aller der Polizei bekannt gewordenen bzw. von ihr ermittelten strafrechtlichen Sachverhalte darstellt.
In Rheinland-Pfalz wurden im Jahr 2023 insgesamt 30.129 Personen zu einer Strafe verurteilt. Dies stellt einen Anstieg um etwa 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr dar (2022: 29.853 Personen).
Aus der Statistik geht hervor, dass die Verurteilungen von Jugendlichen erheblich zugenommen haben. Wurden im Jahr 2022 lediglich 981 Personen, die zum Tatzeitpunkt zwischen 14 und 17 Jahre alt waren, verurteilt, waren es im Jahr 2023 1229 Jugendliche. Dies entspricht einer Zunahme von rund 25 Prozent. Zu berücksichtigen ist zwar, dass es sich bei dem Wert des Jahres 2022 um den niedrigsten Wert der letzten Jahre handelt. Der Trend, dass die Zahl der verurteilten Jugendlichen seit dem Jahr 2008 kontinuierlich abgenommen hatte, ist mit dem Jahr 2023 allerdings durchbrochen. Dabei hat sich die Zahl der Verurteilungen in vielen Bereichen erhöht: Angestiegen sind sie etwa bei Raubdelikten, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Diebstahl und Straftaten gegen die Person. Weil in der Strafverfolgungsstatistik lediglich rechtskräftige Verurteilungen berücksichtigt werden und sich gesellschaftliche Entwicklungen damit immer mit einer gewissen Verzögerung in der Statistik niederschlagen, könnte der Anstieg der Verurteilungen zum Teil noch mit dem Ende der Coronapandemie erklärt werden.
Eine deutliche Zunahme ist ferner bei den Verurteilungen wegen Gewaltdelikten insgesamt zu verzeichnen. Diese geht im Wesentlichen auf steigende Verurteilungszahlen im Bereich der Körperverletzungs- und Raubdelikte zurück. Die Zahl der Verurteilungen wegen Gewaltdelikten betrug im Jahr 2023 2.548 und hat sich gegenüber 2022 (2.079 Verurteilungen) um mehr als 22 Prozent erhöht. Gleichwohl bildet der Wert des Jahres 2023 noch immer den drittniedrigsten Wert der letzten 25 Jahre. Zudem liegt die Zahl nur etwas über dem Wert des Jahres 2021 (2.413). Mit einem Anteil von 8,5 Prozent machen die Verurteilungen wegen Gewaltdelikten allerdings einen etwas größeren Anteil an allen Verurteilungen aus als noch in den Vorjahren (2022: 7 %; 2021: 7,9 %).
Während die Verurteilungen im Bereich der Gewaltdelikte im Wesentlichen aufgrund des geringen Ausgangswerts des Jahres 2022 eine erhebliche Zunahme erfahren haben, steigen die Verurteilungen wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Jahr 2023 erneut an. Mit Ausnahme der sinkenden Zahlen in 2022 setzt sich damit ein steigender Trend seit dem Jahr 2015 fort. Während es im Jahr 2022 462 Verurteilungen wegen dieser Taten, zu denen etwa der sexuelle Missbrauch, die sexuelle Belästigung und das Verbreiten, der Erwerb und der Besitz kinderpornografischer Inhalte zählen, gab, waren es im Jahr 2023 532 Verurteilungen. Dies entspricht einer Zunahme von etwa 15 Prozent. Die seit vielen Jahren fast nur steigenden Zahlen dürften allerdings nicht ohne Weiteres allein auf eine Zunahme entsprechender Straftaten zurückzuführen sein. Zumindest ein Teil der Erklärung dürfte ebenfalls sein, dass bei diesen Straftaten in der Gesellschaft zunehmend besser hingeschaut wird, sie ernster genommen und öfter zur Anzeige gebracht werden und damit besser verfolgt werden können.
Ebenfalls angestiegen sind die Verurteilungen aufgrund rechtsextremistischer Straftaten. Zwar nahmen Verurteilungen wegen Taten nach §§ 86, 86a StGB – das Verbreiten von Propagandamitteln bzw. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – auffällig um ca. 47 Prozent zu und liegen im Jahr 2023 bei 78. Bei dem Wert des Jahres 2022 (53) handelte es sich aber um den geringsten Wert der letzten 15 Jahre; nur in den Jahren 2018 bis 2022 waren geringe Zahlen von Verurteilungen zwischen 53 und 63 festzustellen (im Vergleich 2008: 100 Verteilungen). Anders zu beurteilen sind hingegen die Verurteilungszahlen im Bereich der Volksverhetzung nach § 130 StGB, die im Vergleich zum Vorjahr (38 Verurteilungen) auf 43 und damit um knapp 13 Prozent angestiegen sind. Damit setzt sich im Bereich des § 130 StGB im Jahr 2023 ein seit vielen Jahren tendenziell zunehmender Trend fort. Dieser könnte möglicherweise mit der Zunahme rechten Gedankenguts und einer zunehmenden Verächtlichmachung einzelner Bevölkerungsgruppen zu erklären sein.
Nachdem im Jahr 2022 ein sprunghafter Anstieg der Verurteilungen wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen nach § 315d StGB von 64 Verurteilungen im Jahr 2021 auf 96 Verurteilungen im Jahr 2022 zu verzeichnen war, hat sich die Zahl im Jahr 2023 wieder reduziert und liegt bei 57.
Bild: Justizminister Herbert Mertin im Interview
Bild: v.l.n.r. Stefan Thum, Ulrike Wilke, Justizminister Herbert Mertin, Dr. Christoph Breuer
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Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz (MJ)
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Mainz, 30.08.2024