Ein Parlament für die Pfalz

Pfälzerwald-Verein informiert sich über den Bezirksverband Pfalz bei Kulturtagung

Kürzlich trafen sich 20 Kulturinteressierte zur Kulturtagung des Pfälzerwald-Vereins in Kaiserslautern. Thema der jährlich stattfindenden Tagung war das „Parlament der Pfalz“, der heutige Bezirkstag Pfalz, worüber Ulrich Burkhart, Archivar des Bezirksverbands Pfalz, referiert hat. Dieses Gremium, das als höchstes Organ des Bezirksverbands Pfalz auf eine mehr als 200-jährige Tradition zurückblicken kann, verkörpert das in der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 verankerte Recht der Pfalz auf Selbstbestimmung. Der einzige höhere Kommunalverband in Rheinland-Pfalz nimmt als Zusammenschluss der acht Landkreise und acht kreisfreien Städte der Pfalz Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung sowie – in Teilen – staatliche Aufgaben im Auftrag des Landes wahr. Im Rahmen seines Aufgaben- und Leistungsspektrums unterstützt und fördert er mit seinen Einrichtungen und Beteilungen Bereiche der Daseinsvorsorge (Gesundheit, Energie, Verbraucherschutz) sowie der Bildung, Natur und Kultur.
Insbesondere ist er Träger des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen, weswegen sich eine große inhaltliche Schnittmenge mit den Zielen und Aufgaben des Pfälzerwald-Vereins (PWV) ergeben. Der Bezirkstag Pfalz gewährt dem PWV Finanzzuschüsse und fördert nachhaltig das Hüttenwesen im Pfälzerwald. Zudem betreiben und forcieren Bezirkstag Pfalz und PWV derzeit intensiv die Umsetzung des neuen Wanderwege-Konzepts, das das vom PWV seit seiner Gründung erstellte Wegesystem gleichsam revolutionieren und auf eine neue, gesicherte und zukunftsträchtige Basis stellen soll.
Ulrich Burkhart erläuterte in seiner letzten Tagung als Hauptkulturwart am Vormittag im Rahmen zweier Vorträge die lange, bereits über mehr als zwei Jahrhunderte währende Geschichte des höchsten Ratsgremiums der Pfalz. Urahn des heutigen Bezirkstags Pfalz war der „Landrath der Pfalz“, den 1816 König Maximilian I. Joseph von Bayern nach der Besitzergreifung des „Gebiets auf dem linken Rheinufer“, wie die ab 1838 als „Pfalz“ genannte Region zunächst bezeichnete wurde, erstmals einberief. Der „Landrath“ zählte zu den sogenannten „rheinischen Institutionen“ aus der Zeit der Zugehörigkeit des linken Rheinufers zum Frankreich Napoleon Bonapartes. Die Bayern beließen den Bewohnerinnen und Bewohnern dieses neu gewonnenen Gebiets ihre aus der Franzosenzeit rührenden Rechte und machten den „Landrath“ zu einem „Hilfsorgan“ des Staates. Das Gremium erfuhr jedoch eine Aufwertung durch das „Landräthe-Gesetz“ von 1852, das den damaligen „Kreis Pfalz“ als Gebietskörperschaft etablierte und zugleich den „Landrath der Pfalz“ in seinen Selbstverwaltungskompetenzen stärkte.



Erstmals demokratisch legitimiert wurde der „Kreistag der Pfalz“ als Vorgänger des heutigen Bezirkstags Pfalz in der Zeit der Weimarer Republik ab 1919/20. Seit dieser Zeit wurde das Ratsgremium frei und gleich gewählt – auch Frauen durften nun erstmals an den Wahlen teilnehmen und somit Mitglied im „Kreistag“ werden. Dieser war eine wichtige Stütze der Pfälzerinnen und Pfälzer während der turbulenten 1920er Jahre, die in unserer Region von französischer Besatzung, Reparationszahlungen, wirtschaftlicher Not, rheinischem Widerstand, Inflation, Separatismus, Arbeitslosigkeit, Weltwirtschaftskrise und sowie dem Aufstieg des Nationalsozialismus geprägt waren.
Nach ihrer „Machtergreifung“ setzten die Nationalsozialisten bis zum Sommer 1933 auch im „Kreistag der Pfalz“ die „Gleichschaltung“ um, sodass dem Gremium ausschließlich Mitglieder der NSDAP angehörten und unter seinem Präsidenten Richard Imbt das „Führerprinzip“ herrschte. Das Gremium, 1939 in „Bezirksverbandstag Pfalz“ umbenannt, war in die Verfolgung Pfälzer Jüdinnen und Juden verstrickt und duldete ihre Deportation und Vernichtung ebenso wie die Selektion und Ermordung psychisch kranker Menschen, die der Obhut seiner psychiatrischen Einrichtungen anvertraut gewesen waren. An die in der Pfalz begangenen Verbrechen und an die Opfer des NS erinnert der Bezirkstag Pfalz fortwährend durch eine Vielzahl von Maßnahmen des Gedenkens.
Nach Gründung des Landes Rheinland-Pfalz 1947 war es ausdrücklicher Wunsch der französischen Besatzungsmacht, dass die Pfälzerinnen und Pfälzer ihr Selbstverwaltungsorgan behalten sollten. Mit der im November 1949 in Kraft getretenen „Bezirksordnung“ wurde die gesetzliche Grundlage für den heutigen Bezirkstag Pfalz geschaffen. Erstmals trat das 29 Mitglieder zählende Gremium im Januar 1950 zusammen. Heute bestimmt der Bezirkstag Pfalz über die Geschicke von 12 eigenen und elf mitgetragenen Einrichtungen des Bezirksverbands Pfalz. Dieser für die Lebensqualität der Pfälzerinnen und Pfälzer bedeutsame Kommunalverband hat in Kaiserslautern seinen Sitz, wo er seit 1995 über eine eigene Zentralverwaltung verfügt.
Letzterer ist das Zentralarchiv des Bezirksverbands Pfalz in der Kaiserslauterer Kanalstraße 24 angegliedert. Am Nachmittag konnten sich die Teilnehmenden der Tagung im Rahmen einer von Burkhart moderierten Besichtigung ein Bild von der Arbeit des Archivs sowie den dort verwahrten Unterlagen machen. Als Dokumentationsstätte, „Gedächtnis“ und „Wissensspeicher“ des Bezirksverbands Pfalz sorgt das Zentralarchiv für die kontinuierliche Sicherung der historischen Überlieferung der in Verantwortung des Bezirkstags Pfalz stehenden Einrichtungen. Das Zentralarchiv steht der Öffentlichkeit zur Verfügung und beantwortet Anfragen zum Bezirkstag Pfalz und Bezirksverband Pfalz sowie dessen Einrichtungen unter Telefon 0631 89290338 oder per Mail an zentralarchiv@bv-pfalz.de. Weitere Informationen unter www.bv-pfalz.de.

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Quelle Text/Bild:
Bezirksverband Pfalz
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Bismarckstraße 17
67655 Kaiserslautern

www.bv-pfalz.de

Kaiserslautern, 24.04.2024

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