Die Digitalisierung der Fertigung eröffnet Unternehmen viele Vorteile, darunter mehr Flexibilität in der Produktion verbunden mit einer höheren Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen. Mit dem künftigen Mobilfunkstandard 6G soll dieses Potenzial endlich in marktgerechte Kommunikationslösungen überführt werden. An der RPTU arbeitet ein Forscherteam an Konzepten für kabellose Interkonnektivität über Networks-in-Networks-Ansätze, also spezialisierten „Subnetzwerken“. Als Anwendungsfall dient eine klassische Werkzeugmaschine, eine CNC-Fräse. Auf der Hannover Messe stellen sie ihre Forschungsarbeit vom 22. bis 26. April am Gemeinschaftsstand der 6G-Plattform vor – Stand H06, Halle 014.
„Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen Unternehmen eine anpassungsfähige Fertigungsumgebung. Nur so können sie kundenindividuelle Produkte effizient herstellen und auf Störungen wie etwa Lieferkettenengpässe schnell reagieren“, sagt Jan Mertes, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation der RPTU. Ein derartiges Leistungsniveau kann die Fertigung über Digitalisierung bzw. eine hohe Interkonnektivität zwischen den verschiedenen Maschinen und Geräten erreichen. Die Vernetzung ermöglicht neue, intelligente Lösungen der Produktionssteuerung, -planung und Systeminteraktion.
Bestehende kabellose Lösungen erfüllen diese Anforderungen nicht oder sind aufgrund ihrer proprietären Konzeption nicht mit anderen Kommunikationsarchitekturen vereinbar. „Die Steuerung von Produktionsmaschinen stellt insbesondere extrem hohe Anforderungen an die Latenz, also die Zeit, die Signale vom Sender zum Empfänger benötigen“, sagt Daniel Lindenschmitt, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Funkkommunikation und Navigation, der gemeinsam mit Mertes an 6G-Konzepten forscht. „Es geht nicht nur darum, wie lange die Verzögerung ist. Ebenso muss die Ankunftszeit des Signals vorhersagbar und damit verlässlich sein. Sprich, unsere Forschungsarbeit befasst sich mit der sogenannten ‚ultra-reliable and low-latency communication‘. Diese Vision soll mit dem 6G-Mobilfunkstandard endlich Realität werden.“
Die Idee: Ein Netz-in-Netz-System
Die beiden Forscher nutzen für ihr Konzept kabellose Networks-in-Networks (NiN). Die Idee dahinter ist, dass an die übergreifende 6G-Gesamtarchitektur spezialisierte Architekturen andocken, die auf die Bedarfe von industriellen Anwendungsfällen zugeschnitten sind – sozusagen ein segmentierter Ansatz.
Ihre Grundlagenforschung zu NiN, auch als Underlay-Netzwerken bekannt, verknüpfen Lindenschmitt und Mertes mit der Entwicklung eines Demonstrators: Dabei handelt es sich um eine CNC-Fräse, die in einem geschlossenen Regelkreis gesteuert wird – ein klassischer und zugleich hochkomplexer Anwendungsfall. „Bislang ist die Hardware von Steuerkomponenten kabelgebunden mit Produktionsmaschinen und -anlagen verbunden. Unser Konzept ermöglicht nun die Virtualisierung der Fräse mit der dafür erforderlichen niedrigen Latenz und Verlässlichkeit der Signalübertragung.“
Auf der Hannover Messe veranschaulichen die beiden Forscher die unterschiedlichen Eigenschaften von Netzwerken an einem einfachen regelungstechnischen Beispiel: Einem inversen Pendel, das schwingend gelagert ist. Damit es in einer aufrechten Position bleibt, ist eine zeitlich zuverlässige und extrem schnelle Signalübertragung erforderlich. „Damit können Interessierte direkt erleben, worin die Vorteile von Networks-in-Networks-Konzepten bestehen bzw. was wir mit unserer 6G-Forschung bewirken wollen“, fasst Lindenschmitt zusammen.
Teilprojekt im „Open6GHub“
Angesiedelt ist das Projekt unter dem Dach des „Open6GHub“, einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt. Koordinator ist Professor Dr.-Ing. Hans D. Schotten, Leiter des Lehrstuhls Funkkommunikation und Navigation an der RPTU und Leiter des Forschungsbereichs Intelligente Netze am Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI). An der RPTU bringt auch der Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation unter Leitung von Professor Dr.-Ing. Jan C. Aurich seine Expertise ein. Ebenso sind neben RPTU und DFKI weitere Hochschulen und Forschungsinstitute am Open6GHub beteiligt.
Im Forschungsverbund wollen die Partner dazu beitragen, eine 6G-Gesamtarchitektur zu entwickeln und ebenso Ende-zu-Ende-Lösungen unter anderem in folgenden Bereichen auf den Weg zu bringen: Erweiterte Netzwerktopologien mit hochagiler sogenannter organischer Vernetzung, Security- und Resilienz, Thz- und photonische Übertragungsverfahren, Sensorfunktionalitäten in den Netzen und deren intelligente Nutzung und Weiterverarbeitung und anwendungsspezifische Radioprotokolle.
Auf dem Weg dorthin sind die Forschenden offen für Dialog und Kooperationen: „Wir suchen einen frühzeitigen und interaktiven Dialog mit der Öffentlichkeit und sind ebenso bereit für Kooperationen mit der Industrie und Anwendern“, so Schotten. „Hierfür werden wir OpenLabs und offene Experimentalfelder installieren. Nicht zuletzt wollen wir durch die Einbeziehung von KMUs und Start-Ups und deren Ergebnissen ein offenes Innovationssystem fördern.“
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Quelle Text/Bild:
RPTU
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www.rptu.de
Kaiserslautern, 11.04.2024
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