Die Bundesregierung hat in diesen Tagen die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (kurz GEG) vorgestellt. Zeitnah soll der Gesetzesentwurf von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Noch ist unklar, ob und wie diese Pläne des Bundeskabinetts für eine geplante Wärmewende tatsächlich umsetzbar sind. Bundesweit regt sich bei Opposition und Immobilienverbänden bereits Kritik über die Realisierbarkeit des umstrittenen Gesetzesentwurfs; auch Eigentümer sind mit Blick auf die unkalkulierbaren Kosten für ihr Eigenheim in Sorge. Der Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. (kurz: VDIV-RPS) gibt nachfolgend einen Überblick über die aktuell beabsichtigten Gesetzesinhalte und informiert über potentielle Konflikte für Wohnungseigentümergemeinschaften. Zentrale Kernbotschaft des Gesetzesentwurfs: der Umstieg von alten Öl- oder Gasheizungen mit fossilen Brennstoffen auf nachhaltige, klimaschonende Heiz- und Warmwasseraufbereitungssysteme. Falls keine Ausnahmeregelung greift (u.a. Reparatur defekter Anlagen), müssen neu eingebaute Heizungsanlagen in Bestandsimmobilien, Neubauten, Wohn- und Nichtwohngebäuden ab 01.01.2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Zur Auswahl stünden beispielsweise der Einbau einer elektrischen Wärmepumpe, einer Hybrid- oder Biomasseheizung beziehungsweise eine Gasheizung, die zu über 65 Prozent auf Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Biowasserstoff setzt. Um die umweltpolitischen und ressourcenschonenden Klimaziele zu erreichen, sollen bis Ende 2044 dann alle mit fossilen Brennstoffen betriebenen Anlagen komplett ausgetauscht sein.
Der Entwurf sieht eine Grundförderung und verschiedene Bonusförderungen vor. Die Argumentation der Bundesregierung: In Zeiten steigender Preise für fossile Brennstoffe können Eigentümer – in Kombination mit diesen staatlichen Förderprogrammen – durch geringere Betriebskosten mittel- bis langfristig finanziell entlastet werden. Eigentümer, die ihre Immobilie selbst bewohnen, sollen für den Austausch einer alten (mit Öl oder Gas betriebene Heizung) gegen eine klimafreundliche Anlage einen Zuschuss von 30 Prozent erhalten. Zusätzliche Boni von 20 Prozent sind für Eigentümer mit Sozialleistungen bzw. diejenigen Eigentümer angedacht, die einen freiwilligen Austausch einer nicht mehr als 30 Jahre alten Heizanlage umsetzen. Darüber hinaus beabsichtigt die Bundesregierung, zinsgünstige Kredite oder Steuererleichterungen anzubieten und stellt Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen bei sozialen und allgemeinen Härtefällen in Aussicht. Im Einzelfall soll auch die Wirtschaftlichkeit der Investitionsmaßnahme im Verhältnis zum Gebäudewert berücksichtigt werden.
Während Eigentümer eines Einfamilienhauses über Umfang und Zeitpunkt von Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen sowie die Auswahl eines Handwerksbetriebes frei entscheiden können, gestaltet sich die Situation für Millionen von Wohnungseigentümern komplexer. Sie bilden gemeinsam mit allen anderen Eigentümern eines Mehrparteienhauses eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Bauaktivitäten am Gemeinschaftseigentum bedürfen in diesem Falle einer Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung; die Kosten werden dann meist nach Miteigentumsanteilen unter den Eigentümern aufgeteilt.
Nach einer aktuellen Umfrage des VDIV Deutschlands sehen 96 Prozent von 1.600 befragten Verwaltungen die von ihnen verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaften zur Umsetzung der energetischen Sanierung allerdings nicht im Stande.
Die Mehrheit geht davon aus, dass Erhaltungsrücklagen für den Austausch der Heizanlagen nicht ausreichen und Sonderumlagen notwendig werden. Verwaltungen halten aus diesem Grund bereits heute einen Beschluss über die Erhöhung der Erhaltungsrücklage für sinnvoll. 90 Prozent der Eigentümer können allerdings diese bzw. mögliche Sonderumlagen vermutlich nicht aufbringen.
Markus Herrmann, geschäftsführender Vorstand im VDIV-RPS: „Maßnahmen wie der Austausch einer Heizung erfordern bei Beschlüssen immer eine einfache Mehrheit. Je größer die Wohnanlage, desto wahrscheinlicher sind Interessenkonflikte – insbesondere in Bezug auf die Finanzierung. Das erschwert die Konsensfindung. Wie reagiert die Gemeinschaft beispielsweise, wenn sich einzelne Eigentümer die anteiligen Kosten nicht leisten können? Unterstützt der Bund dann mit weiteren Förderprogrammen oder droht Eigentümern sogar ein Zwangsverkauf der Immobilie? Wir halten es für sinnvoll, Wohnungseigentümergemeinschaften klare Handlungsanweisungen für energetische Sanierungen an die Hand zu geben. Ein Sanierungsplanung könnte aufzeigen, ob der Heizungstausch überhaupt umsetzbar ist und welche Kosten auf die Eigentümer zukommen. So lassen sich mögliche Unsicherheiten innerhalb der Gemeinschaft bereits frühzeitig minimieren. Außerdem sollten die staatlichen Förderungen ALLEN Immobilieneigentümern garantiert zur Verfügung stehen. Bislang sollen sie nur für selbstnutzende Eigentümer und private Vermieter mit bis zu sechs Wohnungen gelten.“
Ein weiterer potentieller Konflikt: Laut Gesetzentwurf sollen Eigentümer über 80 Jahre, die Gebäude bis zu sechs Wohneinheiten bzw. Wohnungen mit Etagenheizungen selbst bewohnen, keinen Heizungsaustausch vornehmen und von den Kosten befreit werden. Unklar ist bislang, wie diese Härtefallregelung innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften umsetzbar ist. Markus Herrmann: „Müssen die übrigen Eigentümer für ältere Menschen finanziell einspringen, obwohl diese mit der zentralen Heizungsanlage das Gemeinschaftseigentum natürlich weiter mitnutzen? Wie können Eigentümergemeinschaften mit einer älteren Eigentümerstruktur dann einen Heizungsaustausch bei mangelnden Erhaltungsrücklagen finanzieren? Hier bedarf es dringend einer Anpassung des Gesetzentwurfs. Nach unserer Ansicht müssen Ausnahmeregelungen und staatliche Förderungen differenzierter gestaltet werden.“
Schwierigkeiten treten auch da auf, wo bislang noch eine ältere raumluftunabhängige Gas-Heizwert-Etagenheizung im Einsatz ist. Bei dezentralen Heizungsanlagen im Sondereigentum hat sich grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer eigenständig um den Austausch der Heizung zu kümmern, wobei unterdessen nur noch raumluftunabhängige Gas-Brennwert-Etagenheizungen installiert werden dürfen und ein Mischbetrieb von Geräten des Typs Gas-Heizwert und Gas-Brennwert in der Regel nicht an einem gemeinsamen Schornstein möglich ist. Der VDIV-RPS empfiehlt bei der Erneuerung derartiger Gasetagenheizungen daher eine Gesamtlösung für alle Eigentümer an einem gemeinsamen Schornstein anzustreben. Im Verhältnis weniger problematisch ist der Austausch einer zentralen Heizungsanlage; auch sind die Umbaukosten für den einzelnen Eigentümer im Vergleich oftmals deutlich geringer.
In einem ersten Schritt sollte eine Sanitärfachfirma oder der Schornsteinfeger die Heizanlage prüfen und die Eigentümer über den voraussichtlichen Austauschzeitpunkt und alternative Heizungsoptionen informieren. Bei der aktuell jedoch noch vollkommen unsicheren Entwicklung im Gesetzgebungsprozess erscheint es aber fast unmöglich, bereits jetzt in der laufenden Versammlungsperiode den Eigentümern eine Beschlussfassung für die Eigentümerversammlung zu empfehlen. Aufgrund der aktuell geplanten kurzen Umsetzungsfrist erwartet der VDIV-RPS, neben der allgemein herrschenden Unsicherheit über die detaillierte Ausgestaltung des Gesetzes, auch erhebliche Schwierigkeiten u.a. durch Lieferengpässe oder bei der Suche nach Handwerkern aufgrund von Fachkräftemangel und vollen Termin- und Auftragsbüchern.
Fakt ist: Der Austausch von Heizanlagen wird sich künftig auch auf die Miethöhe auswirken. Markus Herrmann: „Nach einer Modernisierung, etwa durch die Erneuerung einer intakten Heizanlage, dürfen nach § 559 Abs. 1 BGB jährlich acht Prozent der Kosten auf die Miete umgelegt werden. Allerdings sieht die GEG-Novelle die Umlage der gesamten Investitionskosten beispielsweise für Wärmepumpen nur dann vor, wenn die Jahresarbeitszahl der Anlage einen Effizienzwert von mindestens 2,5 erreicht und so deutlich zu einer Reduzierung der Heizkosten beiträgt. Falls dies nicht der Fall ist, sollen nur 50 Prozent auf den Mieter umlegbar sein.“
Bei Fragen zu diesen oder anderen Themen steht der Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz-Saarland e.V. gerne per Mail an office@vdiv-rps.de zur Verfügung. Allgemeine Informationen rund um Immobilien erhalten Interessierte auch im Internet unter www.vdiv-rps.de oder bei www.facebook.com/vdivrps
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Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz/Saarland e. V.
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Kaiserslautern, 27.04.2023