Der anhaltend hohe Fachkräftebedarf im Handwerk erfordert kurzfristig umsetzbare Maßnahmen, aber auch eine mittel- und langfristig angelegte Bildungswende.
Mit Blick auf die gewaltigen Transformationsaufgaben in den Bereichen Nach- haltigkeit, Energieeffizienz, Digitalisierung und Infrastruktur ist das Handwerk ein unverzichtbarer Schlüssel zur Umsetzung der Vorhaben. Dies kann aber nur gelin- gen, wenn genügend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen. Doch aktuell fehlen dem deutschen Handwerk rund 250.000 Fachkräfte. Unterversorgung in den Regionen und lange Wartezeiten für Kunden sind an der Tagesordnung.
Um den Fachkräftemangel im Handwerk zu lindern, sind kurzfristige Maßnah- men, aber auch mittel- und langfristige Weichenstellungen nötig. Der Beirat Unternehmensführung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) hat dazu ein neues Diskussionspapier „Fachkräftesicherung jetzt!“ veröffentlicht – mit dem Ziel, die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit des Handwerks für die Zu- kunft zu sichern. Die Handwerkskammer der Pfalz unterstützt die darin formulier- ten Forderungen. „Dass wieder mehr junge Menschen den Weg ins Handwerk finden, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur von allen Beteiligten gemeinsam gelöst werden kann. Man könnte auch sagen, die Lunte brennt an beiden Enden. Deshalb sind wir alle gefordert, jetzt die richtigen Maßnahmen
auf den Weg zu bringen“, sagt Hauptgeschäftsführer Dr. Till Mischler.
Der Mangel an Fachkräften ist zum einen Folge der demografischen Entwicklung in Deutschland, zum anderen auch dem schon seit Jahren währenden Trend zur Akademisierung geschuldet, der der beruflichen Bildung zunehmend Potenzial entzieht. Obwohl es immer weniger Schulabgänger gibt, nimmt die Zahl der Stu- dierenden seit über 20 Jahren immer weiter zu. Studienabbruchquoten von rund einem Drittel an universitären Bachelorstudiengängen zeigen, dass für viele Stu- dierende eine berufliche Ausbildung vielleicht der geeignetere Weg gewesen wäre.
Deshalb stellt das Handwerk folgende Forderungen:
Kurzfristig ist es wichtig, den Fachkräftebedarf zu sichern und die bereits klaf- fende Lücke zu schließen. Dazu können verpflichtende Berufserkundungsregelun- gen vor Aufnahme des Studiums beitragen, z. B. eine Kombination aus Studienbe- ratung und Praktikum. So könnte festgestellt werden, ob der Studiengang für die Schulabgänger geeignet ist und auch zum Bedarf auf dem Arbeitsmarkt passt.
Sinnvoll sind außerdem eine bedarfsgerechte Zuwanderungspolitik und die ver- einfachte Anerkennung beruflicher Kompetenzen von Zugewanderten. Außer- dem wären eine flächendeckende und schulformübergreifende Berufsorientie- rung in allgemeinbildenden Schulen sowie die Einführung eines „Freiwilligen Jah- res im Handwerk“ für junge Menschen hilfreich.
Mittelfristig ist die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung neuer Technologien wichtig, die die Arbeit im Handwerksbetrieb erleichtern. Erforder- lich dafür ist eine enge Kooperation zwischen Forschungsinstituten und Hand- werksbetrieben. So könnten etwa Semesterprojekte verstärkt in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) durchgeführt werden.
Langfristig ist jedoch eine Bildungswende unerlässlich: Ziel muss es sein, dass mehr junge Menschen in praktischen Berufsfeldern arbeiten. Dies dient sowohl der Sicherung der Volkswirtschaft als auch den Erfordernissen des Arbeitsmark- tes. Flankierend ist die Kommunikation von Vielfalt und Karrierewegen der beruf- lichen Bildung in die breite Gesellschaft nötig. Dabei ist es wichtig, Berufswahl- begleiter und Jugendliche von der Sinnhaftigkeit eines Handwerksberufes sowohl für das Individuum als auch für die ganze Gesellschaft zu überzeugen. Vor allem Lehrkräfte sollten besser über alternative Wege zum Studium informiert werden. Dies beinhaltet eine Fortbildungspflicht für Lehrkräfte in Mittelstand und Hand- werk sowie eine gesetzliche Verankerung und Vertiefung der Berufsorientierung an Gymnasien, um historisch gewachsene Bildungsvorurteile zu entkräften. Das Handwerk braucht mehr gesellschaftliche Wertschätzung.
Zudem sollen Stellenwert und Ausstattung von Mittel- und Realschulen als werti- ger Einstieg in die gewerblich-technische Ausbildung deutlich verbessert werden. Ziel muss es sein, die hohe Quote von Schulabgängern ohne Schulabschluss zu verringern.
„Auch das Handwerk selbst muss seine Bemühungen zur Fachkräftesicherung intensivieren. Betriebe werden sich zusätzliches Fachkräftepotenzial erschließen müssen. Eine schnellere Anpassung der Berufsbilder an aktuelle Anforderungen sowie erweiterte und flexiblere Wege zu den Berufsabschlüssen können mehr jungen Menschen den Zugang zum Handwerk ermöglichen“, so Hauptgeschäfts- führer Dr. Mischler. Unerlässlich dabei sei die konsequente Weiterentwicklung der handwerklichen Bildungsstätten zu Aushängeschildern der beruflichen Bil- dung. Letztlich müssten auch Betriebe alles dafür tun, mit geeigneten Maßnah- men neue Fachkräfte zu finden und vorhandene zu binden.
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Quelle Text/Bild:
Handwerkskammer der Pfalz
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Kaiserslautern, 23.01.2023