Nach Angaben des statistischen Bundesamtes verfügten im Jahr 2021 in Deutschland rund 16 Millionen Haushalte über einen Kabelanschluss, weitere 17 Millionen empfingen Fernsehprogramme über eine SAT-Anlage. Dank neuer Kommunikationstechnologien nimmt der TV-Konsum über das Internet zu; mittlerweile nutzt knapp jeder fünfte Haushalt internetbasiertes Fernsehen – Tendenz steigend. Im Rahmen der zum 01.12.2021 in Kraft getretenen Novellierung des Telekommunikationsgesetzes hat der Gesetzgeber den Wegfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs beschlossen. Der Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. (kurz VDIV-RPS) erklärt, welche Folgen diese Entscheidung künftig auf die Abrechnung der Kabelgebühren in Mehrfamilienhäusern haben wird. Viele Bewohner von Mehrfamilienhäusern nutzen Kabelempfang über einen gemeinsamen Anschluss, der bei älteren Gebäuden bereits seit dem Start des Kabelfernsehens in den 80er Jahren im Haus verlegt ist. Die gängige Praxis, die Jahrzehnte lang Gültigkeit besitzt: die Eigentümergemeinschaft bzw. die beauftragte Verwaltung schließen mit einem Anbieter für Kabelfernsehen einen mehrjährigen Sammelvertrag für alle Wohnungen zu günstigen Konditionen ab. Die monatlich anfallenden Nutzungsgebühren werden als Kosten „des gemeinschaftlichen Verbrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums“ (§ 16 WEG Absatz 2) nach Mehrheitsverhältnissen oder anhand eines abweichenden Verteilschlüssels auf die Wohneinheiten der WEG umgelegt. Sind diese Aufwendungen im Mietvertrag unter den umlagefähigen Nebenkosten aufgeführt, kann der Eigentümer diese Gebühren an den Mieter weitergeben und über die Betriebskosten abrechnen (§ 2 Nr. 15 BetrKV). Das Problem: Manche Mieter setzen bei der Vielzahl an Fernsehangeboten zunehmend auf Streamingdienste und webbasiertes Fernsehen; die Kosten für den Kabelanschluss müssen sie bislang dennoch tragen. Doppelte Gebühren für TV-Anbieter sind für viele Haushalte keine Seltenheit. Aus diesem Grund hat die Politik die Umlagefähigkeit der Kabelanschlussgebühren – auch Nebenkostenprivileg genannt – im Rahmen der Novellierung des Telekommunikations-gesetzes, die zum 01. Dezember 2021 in Kraft trat, gestrichen. Bis zum 30. Juni 2024 gilt allerdings eine Übergangsfrist, in der Kabelgebühren von Vermieterseite weiter erhoben werden dürfen. Frank Hennig, Vorstandsmitglied im VDIV-RPS: „In der Vergangenheit hatte ein Sammelvertrag über einen gemeinsamen Kabelanschluss preisliche und organisatorische Vorteile. Es gab weniger Programme und Anbieter, kein Internet-Fernsehen. Die Abrechnung über das Umlageverfahren war einfach. Im digitalen Zeitalter hat sich das Angebot dank neuer digitaler Informations- und Kommunikationstechnologien vervielfacht. Wollte ein Mieter bislang ausschließlich internetbasiertes Fernsehen nutzen, musste er die monatlichen Kabelgebühren von 10,00 bis 15,00 Euro trotzdem entrichten. Die Streichung des Nebenkostenprivilegs spart Mietern künftig Geld und stärkt ihre Wahlfreiheit unter den zahlreichen neuen Angeboten.“ Mieter können ab dem 01. Juli 2024 selbst entscheiden, ob sie den vorhandenen Kabelanschluss – abgerechnet über die Betriebskosten – weiternutzen oder unter den zahlreichen digitalen Anbietern eine individuelle, auf ihre Präferenzen zugeschnittene, neue Lösung auswählen möchten. Eine pauschale Abrechnung der Kabelgebühren über die Nebenkosten findet nicht mehr statt. Für bestehende Mietverträge, die diese Umlagemöglichkeit im Mietvertrag verankert haben, gibt es bis zum Ende der Übergangsfrist keine Änderungen. Ist innerhalb eines Gebäudes allerdings erst nach dem Inkrafttreten des neuen Telekommunikationsgesetzes zum Stichtag 01.12.2021 ein neues Hausverteilernetz inklusive Kabelanschluss in Betrieb genommen worden, entfällt die Umlagefähigkeit der Kabelgebühren auf die Mieter bereits ab diesem Zeitpunkt. Frank Hennig: „Vermieter und Mieter können natürlich zu jeder Zeit auch individuelle Absprachen über ein vorzeitiges Aussetzen der Kabelgebühren vor dem Ablauf der Übergangsfrist oder eine ausdrückliche Fortführung treffen. Je nach Liegenschaft und Konditionen des bisherigen Sammelvertrags können die Kosten eines Einzelvertrags durchaus doppelt so hoch sein, wie die bisherige Umlage. Gleichwohl haben die Verbraucher zukünftig die Möglichkeit, sich am Markt nach einer günstigeren Alternative umzuschauen.“
Für Wohnungseigentümer sind beim Thema Kabelanschluss die Beschlüsse auf der jährlich stattfindenden Wohnungseigentümerversammlung maßgeblich. Zur Vermeidung unnötiger Ausgaben, ist ein überlegtes Vorgehen der Eigentümergemeinschaft ratsam. Ein Sonderkündigungsrecht erlaubt die Kündigung des vereinbarten Mehrnutzervertrages spätestens zum 30. Juni 2024. Dieser Schritt erfordert allerdings einen Mehrheitsbeschluss. Wird eine Vertragskündigung verpasst, oder ist von der Mehrheit nicht gewollt, bleibt für den selbstnutzenden Eigentümer zunächst alles wie bisher. Bei vermieteten Wohnungen wäre eine Weitergabe der Kosten an Mieter – ohne entsprechender Zusatzvereinbarung – nicht mehr zulässig. Im Übrigen: Möchte ein Mieter weder auf Kabelfernsehen noch auf das umfangreiche Angebot der Streamingdienste setzen, darf er in seiner Wohnung ohne Zustimmung des Vermieters nicht eigenständig eine SAT-Anlage an der Außenfassade installieren. Dieser Eingriff stellt eine bauliche Veränderung dar, da es den optischen Gesamteindruck eines Wohngebäudes verändern kann. Laut eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 31.03.2013 (Az. 1 BvR 1314/11) kann Mietern zwar nicht generell das Anbringen einer SAT-Anlage untersagt werden, da besonders bei ausländischen Mietern das grundrechtlich geschützte Mieterinteresse an der Nutzung allgemein zugänglicher Informationsquellen (Art. 5 Abs. 1 GG) berücksichtigt werden muss. Das umfangreiche Angebot – eine Flachantenne beziehungsweise SAT-Anlage zur Aufstellung innerhalb der Wohnung oder die weitreichende Produktpalette unzähliger internetbasierter TV-Anbieter – bietet heutzutage aber deutlich mehr alternative Optionen als noch vor zehn bis fünfzehn Jahren. Sind die Zugangsvoraussetzungen für Kabelempfang innerhalb der eigenen vier Wände erfüllt, muss der Eigentümer dem Mieterwunsch nach einer an der Fassade befestigten SAT-Anlage ohnehin nicht zustimmen. Bei Fragen zu diesen oder andere Themen steht der Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz-Saarland e.V. gerne per Mail an office@vdiv-rps.de zur Verfügung. Allgemeine Informationen rund um Immobilien erhalten Interessierte auch im Internet unter www.vdiv-rps.de oder bei www.facebook.com/vdivrps
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Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz/Saarland e. V.
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Kaiserslautern, 04.11.2022