In dieser Woche hat der Ministerrat den Entwurf für das Ausführungsgesetz für die Teilentschuldung der rheinland-pfälzischen Kommunen beschlossen. „Das Programm ‚Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz (PEK-RP)‘ richtet sich ausdrücklich an die von einer hohen Liquiditätskreditverschuldung besonders betroffenen Kommunen und befreit diese unmittelbar und effektiv vom größeren Teil ihrer Schuldenlast. Das Land wird wie angekündigt drei Milliarden Euro der Liquiditätskredite der Kommunen übernehmen. Mit diesem historischen Schuldenschnitt ermöglicht das Land den betroffenen Kommunen einen echten finanziellen Neustart“, sagten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Finanzministerin Doris Ahnen, Innenminister Roger Lewentz, Familienministerin Katharina Binz und Justizminister Herbert Mertin am Mittwoch in Mainz.
„Gemeinsam mit der Reform des kommunalen Finanzausgleichs und dem kommunalen Investitionsprogramm mit dem Schwerpunkt Klima und Innovation schaffen wir für die rheinland-pfälzischen Kommunen echte und langfristig wirkende Zukunftschancen. Mit dem nun vorgelegten Programm können wir den von Liquiditätskrediten besonders betroffenen Kommunen in Rheinland-Pfalz im Wege der anteiligen Entschuldung eine Perspektive zu einem finanziellen Neustart aufzeigen. So wird die kommunale Handlungs- und Leistungsfähigkeit nachhaltig gestärkt“, so die Ministerpräsidentin.
Etwa 600 Kommunen können an dem Programm zur Entschuldung teilnehmen. Die Teilnahme ist freiwillig. „Ab einem Sockelbetrag von 500 Euro je Einwohnerin und Einwohner bei den kreisfreien Städten entschuldet das Land die Hälfte des Liquiditätskreditvolumens, das über den Sockelbetrag hinausgeht. Ab einem Spitzenbetrag übernimmt das Land jeden zusätzlichen Euro an Liquiditätskrediten. Im Landkreisbereich werden Sockel- und Spitzenbetrag gedrittelt. So können die besonders betroffenen Kommunen auch am stärksten entlastet werden. Außerdem wird eine maximale Restschuld pro Einwohnerin und Einwohner eingehalten“, erläuterte Finanzministerin Doris Ahnen.
„Insbesondere im Bereich der Ortsgemeinden wird die Teilentschuldung durch das Land eine große Wirkung entfalten. Nach einer Modellrechnung profitieren 552 Ortsgemeinden von dem Programm, zudem acht kreisfreie Städte, elf Landkreise, fünf verbandsfreie Gemeinden und 20 Verbandsgemeinden. Das wird für viele Kommunen ein echter Befreiungsschlag werden“, sagte Innenminister Roger Lewentz.
Durch eine begleitende Änderung des Gemeindehaushaltsrechts solle zudem künftig einer erneuten Liquiditätskreditverschuldung wirkungsvoll begegnet werden. „Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass durch die Übernahme eines Teils der Liquiditätskredite durch das Land der Betrag von derzeit rund 214 Millionen Euro, den die Kreise und Kommunen im Jahr 2021 für Zinsen ausgegeben haben, künftig deutlich sinken wird, weil entsprechende Zinsen dann vom Land zu tragen sind. Die Stadt Pirmasens beispielsweise hatte bislang Zinsausgaben für Kredite zur Liquiditätssicherung in Höhe von rund zwei Millionen Euro pro Jahr. Hiervon fallen zukünftig Zinsausgaben in einer Größenordnung von 800.000 Euro weg. Hinzu kommt, dass auch das Zinsänderungsrisiko für die kommunalen Gebietskörperschaften künftig geringer wird“, so Lewentz.
„Das Land wird die übernommenen Liquiditätskredite in den kommenden 30 Jahren tilgen. In den Haushaltsjahren 2023 und 2024 stehen – vorbehaltlich der Entscheidungen des Parlaments zum Landeshaushalt – jeweils Mittel in Höhe von 250 Millionen Euro für Tilgungen zur Verfügung. In den nachfolgenden Jahren wird eine Belastung von rund 100 Millionen Euro jährlich angenommen“, ergänzte Finanzministerin Doris Ahnen.
„Die aktuellen Krisen bewältigen und das Ziel, zwischen 2035 und 2040 klimaneutral zu werden, kann das Land nur gemeinsam mit den Kommunen erreichen. Mit der Teilentschuldung der kommunalen Haushalte erhalten die hochverschuldeten Kommunen mehr Freiheit und Souveränität, die vor Ort geeigneten Maßnahmen umzusetzen. Wir können darauf vertrauen, dass vor Ort auch die globalen Krisen in den Blick genommen werden. Um sie bei ihrem Beitrag für den Klimaschutz zusätzlich zu unterstützen, geht die Entschuldung Hand in Hand mit dem bereits angekündigten kommunalen Investitionsprogramm für Klimaschutz und Innovation“, sagte Familienministerin Katharina Binz.
„Mit der Verfassungsänderung im April 2022 haben wir eine gute Vorbereitung für das Gesetz zur Teilentschuldung der Kommunen getroffen. Durch diese Verfassungsänderung haben wir für größtmögliche verfassungsrechtliche Sicherheit gesorgt. In den betroffenen Regelungen ist sowohl der Umfang als auch der Zeitraum der Entschuldung klar festgelegt. Damit bieten wir den Kommunen ein Sprungbrett, das sie zur Befreiung aus der Fessel der Liquiditätskredite nutzen können“, führte Justizminister Herbert Mertin aus.
„Der Konsens der demokratischen Parteien im rheinland-pfälzischen Landtag bei der Verfassungsänderung zur Entschuldung zeigt den starken, parteiübergreifenden Willen, die Kommunen zu unterstützen. Neben diesen Anstrengungen des Landes und der Kommunen ist auch der Bund aufgefordert, im Rahmen der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse seinen Beitrag zu einer Entschuldung der betroffenen Kommunen zu leisten. Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag das wichtige Signal gegeben, bei der Bewältigung der kommunalen Schuldenproblematik ihren Beitrag zu leisten“, so die Ministerpräsidentin.
Der Gesetzentwurf wird jetzt in der formellen Beteiligung insbesondere mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt und im Dezember dann in den Landtag eingebracht. Die Kommunen haben innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit, einen Antrag zu stellen. Danach schließen Kommune und Land einen Vertrag zur Teilnahme am Programm PEK-RP. Das Verwaltungsverfahren wird durch einen Bewilligungsbescheid des Landes abgeschlossen. Spätestens ab dem Jahr 2024 können dann die Schuldübernahmen erfolgen. Bei der Umsetzung soll die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) mitwirken.
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Mainz, 21.09.2022