Stilllegung, Umwidmung, Verkauf – oder gleich Abriss? Den großen Kirchen in Deutschland kommen immer öfter ihre Gotteshäuser abhanden. Und den Gemeinden damit die Heimat. Die „betrifft“-Dokumentation „Gott ohne Haus – Wenn die Kirchen verschwinden“ am Mittwoch, 26.1.2022, ab 20:15 Uhr, beleuchtet das Problem. Ab 21 Uhr ist die Dokumentation „Liebe ohne Segen? – Wie zwei Menschen ihr Glück finden“ zu sehen.
Kirche in Kaiserslautern muss abgerissen werden
Es war ein bitterer Tag für die Gemeindemitglieder von St. Norbert in Kaiserslautern. Die Abrissbagger rückten an und machten die kleine Kirche dem Erdboden gleich. Jahrzehntelang wurde hier die Messe gefeiert, wurden Kinder getauft, Ehen geschlossen und um Tote getrauert. Doch am Ende kamen zum Gottesdienst nur noch eine Handvoll Gläubige. Die Kirchenverwaltung hat nachgerechnet: Die fällige Sanierung lohnt sich nicht mehr. Ein Abriss sei die beste Lösung.
Gläubige fehlen, Kirchen stehen leer
Überall in Deutschland geht das so. Weil den Kirchen nicht nur die Gläubigen, sondern auch die Priester fehlen, werden vielerorts kleine Gemeinden zu größeren Seelsorgeeinheiten fusioniert. Doch in den anonymen XXL-Gemeinden geht ein Stück Zusammenhalt und örtliche Identität verloren. Was macht man dann mit den überflüssig gewordenen Kirchen? In der Erzdiözese Freiburg kümmert sich Linus Becherer um dieses Problem. Erzbischof Stephan Burger hat der Diözese angesichts massenhafter Kirchenaustritte und sinkender Kirchensteuereinnahmen eine radikale Schrumpfkur verordnet. Immobilienverwalter Becherer soll nun herausfinden, wie viele der 5.400 Kirchenimmobilien verkauft werden können und den Prozess begleiten. Wie etwa in Mannheim, wo er eine Gemeinde auf den Abriss ihrer Kirche samt historischem Kirchturm vorbereitet. Becherer sieht in den Kirchenstilllegungen auch eine Chance: In leerstehenden Kirchen könnte Wohnraum entstehen, auf den Flächen abgerissener Bauten wäre Platz für Altenheime oder Kitas. Aber was bedeutet es für ein Dorf oder einen Stadtteil, wenn die Kirche verschwindet? Der Theologe und Psychotherapeut Manfred Lütz mahnt: „Kirchtürme sind die Zeigefinger Gottes. Wenn die verschwinden, verschwindet unsere Identität.“
Große Unzufriedenheit bei Gläubigen
„betrifft“-Autor Wolfgang Luck hat die Gemeinden, die von der Schließung ihres Gotteshauses betroffen sind, über mehrere Monate begleitet und mit Gemeindemitgliedern gesprochen, die von ihrer Kirche tief enttäuscht sind. Nicht nur weil Gott sein Haus verliert, sitzt der Frust bei vielen tief: Missbrauchsskandale, fehlende Gleichberechtigung von Frauen und das Gefühl als Kirchenbasis nichts zu melden zu haben, machen vielen Gläubigen zu schaffen.
Liebe ohne Segen? – Wie zwei Menschen ihr Glück finden
Für die beiden Priesteranwärter Heiko und Marius steht ihre Zukunft auf dem Spiel. Vier Jahre versuchen sie geheim zu halten, dass sie sich ineinander verliebt haben. Doch sie wollen sich nicht länger verstecken und outen sich. Ihr Lebenstraum, Priester zu werden, platzt. Der Film von Ulrike Stegmann erzählt mit Graphic Novels und in einer temporeichen O-Ton-Collage von der Liebe zweier Menschen, ihrem Glauben und dem Bruch mit der Kirche. Wie gehen Heiko und Marius heute mit ihrer Entscheidung um?
Programmtipp:
„betrifft: Gott ohne Haus – Wenn die Kirchen verschwinden“ am Mittwoch, 26. Januar 2022, ab 20:15 Uhr im SWR Fernsehen. Ab 21 Uhr: „Liebe ohne Segen? – Wie zwei Menschen ihr Glück finden“ von Ulrike Stegmann.
„Gott ohne Haus“ ist am Vortag der Ausstrahlung und „Liebe ohne Segen?“ ab dem Sendetag, 18 Uhr, in der ardmediathek.de abrufbar.
Bildunterschrift: SWR Fernsehen BETRIFFT, „Gott ohne Haus? – Wenn die Kirchen verschwinden“, am Mittwoch (26.01.22) um 20:15 Uhr. Bagger gegen Jesus: Die Heilig-Kreuz-Kirche in Ludwigshafen hat ausgedient. © SWR
Bild: SWR“ (S2+). SWR
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Stuttgart, 19.01.2022