Künstliche Intelligenz soll nachhaltiger werden: Carl-Zeiss-Stiftung fördert Grundlagenforschung mit fünf Millionen Euro

Das Maschinelle Lernen (ML) ist ein Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI), das derzeit im Begriff ist, fast alle Bereiche unseres Lebens zu verändern: von persönlichen Assistenten über Medizin und Gesundheit bis hin zu selbstfahrenden Autos. ML-Systeme sind in der Lage, Wissen aus großen Datenmengen zu extrahieren. Allerdings benötigen sie hohe Rechenleistungen und viel Energie. Dies zu ändern, ist Ziel eines Vorhabens, an dem ein Kaiserslauterer Forschungskonsortium arbeiten wird. Mit neuen Methoden soll diese Technologie nachhaltiger werden und auch auf kleineren Steuerungseinheiten von Maschinen laufen. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert das Projekt „Sustainable Embedded AI“ für sechs Jahre mit fünf Millionen Euro. Koordiniert wird es von Professor Dr. Paul Lukowicz an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK).

In unserer digitalen Gesellschaft steigt der Energiebedarf für Rechenleistungen von Jahr zu Jahr. Laut einer EU-Studie waren 2018 beispielsweise Rechenzentren für 2,7 Prozent des Stromverbrauchs in der Europäischen Union verantwortlich. Für 2030 könnte der Verbrauch demnach auf 3,2 Prozent anwachsen. Supercomputer und Rechenzentren benötigen immer mehr Strom, damit zum Beispiel KI-Verfahren riesige Datenberge durchforsten können. Oft im Einsatz sind hier auch Methoden des Maschinellen Lernens. „Solchen Systemen muss man nicht genau sagen, wie sie ein Problem lösen können. Man gibt ihnen stattdessen Daten und sagt ihnen wie sie sich aus diesen Daten selbst die Problemlösung erarbeiten können,“ sagt Projektkoordinator Professor Dr. Paul Lukowicz, der an der TU Kaiserslautern die Arbeitsgruppe Eingebettete Intelligenz und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) den gleichnamigen Forschungsbereich leitet. „Das Problem ist aber, dass sie große Mengen an Daten benötigen, was viel Rechenleistung benötigt.“

Das von der Carl-Zeiss-Stiftung geförderte Projekt soll dabei helfen, den Energiebedarf zu senken. Dazu wird das Konsortium einen neuen Ansatz verfolgen, wie Lukowicz erläutert: „Wir möchten grundlegende Methoden des Maschinellen Lernens so modifizieren, dass wir das Hintergrundwissen des Menschen nutzen, damit weniger Daten und weniger Rechenleistung notwendig sind.“ Somit ließe sich CO2 einsparen und die Technik könnte künftig auf kleinen, dezentralen Steuerungseinheiten laufen.

Das Team um den Kaiserslauterer Informatiker wird die Technologie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Um dabei zu testen, ob seine Überlegungen auch in der Praxis funktionieren, setzt es auf die Bereiche Smart Farming und Smart Factory – beides Gebiete, in denen der Forschungsstandort Kaiserslautern gut erprobte Demonstrationsanlagen und Forschungsdaten besitzt. „Wir werden unter anderem der Frage nachgehen, was die Maschinen auf dem Feld und in der Fabrik von unserem Wissen an welchen Stellen übernehmen können“, erläutert Lukowicz. „Unsere bereits vorhandenen Kenntnisse lassen wir miteinfließen.“ Im Bereich Smart Farming könnten Landmaschinen beispielsweise über das Feld fahren, um den Zustand von Pflanzen zu erkunden. Dabei geht es etwa um Düngebedarf, Schädlingsbefall oder auch die chemische Zusammensetzung des Bodens. Ähnliches gilt für den Bereich Smart Factory, wo es etwa darum geht, rechtzeitig zu erkennen, wann Maschinen gewartet werden müssen oder wie die Ergonomie der Arbeiter optimiert werden kann.

In den beiden Forschungsgebieten setzt das Team auf die Expertise der Arbeitsgruppen von Professor Dr. Jörg Dörr sowie von Professor Dr. Martin Ruskowski und seiner Kollegin Dr. Christiane Plociennik. Dörr hat den Lehrstuhl für Digital Farming an der TUK und ist zudem in der erweiterten Institutsleitung des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE. Ruskowski ist Vorstandvorsitzender der SmartFactory KL und leitet an der TU Kaiserslautern das Fachgebiet Werkzeugmaschinen und Steuerungen sowie am DFKI den Forschungsbereich Innovative Fabriksysteme. Um die Konfiguration der neuen Algorithmen zu optimieren, ist Professorin Dr. Anita Schöbel und ihr Team mit an Bord. Sie leitet das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM und ist auch im Lehrgebiet Optimierung an der TUK tätig.

Darüber hinaus bringen Professor Dr. Karsten Berns (TUK) Erfahrungen in der Robotik und Professor Dr. Norbert Wehn (TUK) im Bereich der effizienten Hardware-Gestaltung mit ein. Von Seiten des DFKI sind außerdem dabei: Professor Dr. Andreas Dengel, der sich im Projekt mit der Semantik der Algorithmen befassen wird, sowie Professor Dr. Didier Stricker, der sich den Lernverfahren für eingebettete KI-Systeme widmen wird. Unter ethischen Blickwinkel begleitet werden die Arbeiten zudem vom Center for Ethics and the Digital Society (CEDIS) um Professorin Dr. Karen Joisten von der TU Kaiserslautern.

Das Vorhaben startet im Februar 2022. An der TU Kaiserslautern ist es in den Potentialbereich „Artificial Intelligence Enhanced Cognition and Learning“ eingebunden. Er wird im Rahmen der Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz gefördert. „In diesem Projekt bündeln wir unsere Kompetenzen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Das ist eine Stärke unseres Standorts“, erläutert Professor Dr. Werner R. Thiel, Vizepräsident für Forschung und Technologie an der TUK. „Wir sind der Carl-Zeiss-Stiftung dankbar, dass sie das Projekt fördert. Die Ergebnisse werden dabei helfen, die Technologie künftig nachhaltiger zu gestalten.“

Professor Lukowicz koordiniert darüber hinaus am DFKI das von der Europäischen Union geförderte Netzwerk HumanE-AI-Net, das menschzentrierte KI mit ethischen Werten entwickeln will. Auch hier wird es Anknüpfungspunkte und Synergieeffekte geben.

Über die Carl-Zeiss-Stiftung
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). 1889 von dem Physiker und Mathematiker Ernst Abbe gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert.

Quelle Text/Bild:
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Kaiserslautern, 22.11.2021