Auch durch enge Rohrleitungen, etwa in Produktionsanlagen, soll Flüssigkeit widerstandsfrei strömen. Dies wird in der Regel durch aufgebrachte Beschichtungen erreicht. Ein Forschungsteam an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) denkt jetzt das Strömungsverhalten neu: Ausgangspunkt ist ein zusätzliches, innenliegendes Rohr mit funktionaler Oberfläche, welches nicht nur das Benetzungs- und Gleitverhalten gemäß Lotuseffekt optimiert, sondern auch dafür benötigte Lufteinschlüsse stabilisiert. Mithilfe von Lasertechnologie lassen sich die Strukturen auf praxistaugliche Rohrleitungen übertragen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben mit rund 740.000 Euro.
Zwei Fachbereiche an der TUK und ein Kaiserslauterer Institut bündeln für das Projekt „Benetzungs- und Transportverhalten von substratlosen ebenen und gekrümmten hierarchischen Streifenstrukturen“ ihre Kompetenzen: Jun.-Prof. Clarissa Schönecker (Fachgebiet Mikrofluidmechanik), Prof. Dr. Egbert Oesterschulze (Fachgebiet Physik und Technologie der Nanostrukturen) und Priv.-Doz. Dr. Johannes L’huillier (Photonik-Zentrum Kaiserslautern e.V.).
„Im Gegensatz zu einem konventionellen Rohr soll durch das Einbringen von einem zusätzlichen perforierten Innenrohr die Rohrströmung gezielt beeinflusst werden, um den Reibungswiderstand zu reduzieren“, erläutert Oesterschulze. „Dazu wird ein zweites Medium an den perforierten Stellen mit dem im Innenrohr befindlichen Medium in Wechselwirkung treten und auf dessen Benetzungs- und Strömungsverhalten einwirken. Dieser neue Benetzungszustand leitet sich aus dem in der Literatur bekannten „Cassie-Baxter Zustand“ her und wird im Rahmen des interdisziplinären Forschungsvorhabens erweitert zum „substratlosen Cassie-Baxter Zustand“. „Zusätzlich wollen wir die Benetzung am Innenrohr durch eine hierarchische Oberflächenstruktur, sprich eine Kombination von Nano- und Mikrostrukturen, gezielt beeinflussen“, so der Physiker.
Die Arbeitsgruppe von Oesterschulze untersucht diese Benetzungs- und Strömungsprozesse an mikrotechnisch und somit sehr präzise hergestellten Silizium-Strukturen.
Dabei erhält er Unterstützung aus Maschinenbau und Verfahrenstechnik: „Ich betrachte die entwickelten Strukturen aus strömungstechnischer Sicht und gebe durch fluiddynamische Berechnungen Impulse, wie sich die gewünschten Funktionen, wie etwa die Rauheit bzw. Benetzbarkeit, realisieren lassen“, ergänzt Schönecker. „So entstehen letztlich Oberflächen, die besser anwendbar und stabiler sind. Ich denke dabei generell an Anwendungsperspektiven, bei den unter Druck bzw. Last Flüssigkeit durch dünne Rohrleitungen befördert wird – etwa in verfahrenstechnischen Prozessen oder in Mikrosystemen“, so Schönecker.
Um die gewünschte Praxistauglichkeit zu erproben, ist das Photonik-Zentrum mit an Bord. „Wir können mithilfe hochpräziser Laserbearbeitung die hierarchischen Oberflächenstrukturen auf konventionelle Metallrohre übertragen“, sagt L’huillier. „Sprich, alle zusammen liefern wir das Design und die nötige Grundlagenforschung für unser in punkto Strömungsverhalten funktionalisiertes Bauteil und bauen bereits die Brücke in die Anwendung.“
Quelle Text/Bild:
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Kaiserslautern, 13.10.2021