Frauenpower im Pfälzer Parlament – Vor 35 Jahren Frauenbüro im Bezirkstag Pfalz angeregt

Von den 29 Mitgliedern im Bezirkstag Pfalz sind seit 2014 elf weiblich, das sind knapp 38 Prozent – so viele wie nie zuvor, wie ein Blick in die Geschichte des pfälzischen Parlaments verrät. Beim rheinland-pfälzischen Landtag liegt der Frauenanteil mit 29 von 101 Abgeordneten bei knapp 29 Prozent, beim Bundestag mit 223 von 709 Abgeordneten bei gut 31 Prozent. Grüne und Linke haben in ihren Satzungen Geschlechterparität bei der Vergabe von Bundestagsmandaten festgeschrieben; die Satzung der SPD sieht einen Frauenanteil von 40 Prozent bei der Besetzung ihrer Bundestagsmandate vor, in der CDU gilt das sogenannte Frauenquorum mit dem Ziel einer Besetzung von Wahllisten zu einem Drittel mit Frauen. CSU, FDP und AfD haben keine Frauen- beziehungsweise Geschlechterquote festgelegt. Für den Bereich der Wirtschaft trifft das im Juni 2021 vom Bundestag beschlossene „zweite Führungspositionen-Gesetz“ für Unternehmen eine verbindliche Regelung für die relationale Besetzung von Vorstandsposten mit Frauen oder Teilhabe von Frauen in der Geschäftsführung verbindlich vor. Seit 1919 sind die Frauen auf dem Weg zur Gleichberechtigung in Politik und Wirtschaft bereits ein gutes Stück vorangekommen, dennoch bleibt noch eine weite Strecke zurückzulegen.

 

Die erste Frau, die 1920 in den Kreistag der Pfalz, den Vorgänger des heutigen Bezirkstags Pfalz, gewählt wurde, war Marie Fooß, die Witwe eines Landgerichtsdirektors aus Bellheim. Sie gehörte der christlich-konservativen Partei „Zentrum“ (in Teilen Vorgängerin der heutigen CDU) an. Die Nationalsozialisten entzogen den Frauen das 1919 erkämpfte Wahlrecht wieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich der Bezirkstag Pfalz von Januar 1950 bis Ende April 1951 aus den 35 Pfälzer Landtagsabgeordneten zusammen, darunter zwei Frauen: die Journalistin Luise Herklotz und die Studienrätin Dr. Ella Weiss, beide von der SPD. Bei der ersten Wahl durch die pfälzische Bevölkerung am 29. April 1951 gelangte nur Gertrud Wetzel (SPD) in den Bezirkstag Pfalz, die ihm bis 1960 angehörte. Bei der Wahl im November 1952 – erstmals zusammen im Rahmen der rheinland-pfälzischen Kommunalwahl – wurde neben ihr Anna Maus (CDU) und 1956 Erika Eichenlaub (CDU) gewählt. Auch in der folgenden Wahlperiode von 1960 bis 1964 gelangten nur zwei Frauen in den Bezirkstag Pfalz: Neben Erika Eichenlaub war dies Hildegard Kerner (SPD). Von 1964 bis 1969 zählte das oberste Gremium des Bezirksverbands Pfalz drei Abgeordnete: Erika Eichenlaub und Elisabeth Grün, beide von der CDU, sowie Charlotte Krumbach von der SPD.

 

Auch fünf Jahre später wurden lediglich zwei Frauen ins Pfälzer Parlament gewählt: erneut Charlotte Krumbach sowie Helga Faust (CDU), die aber beide die Legislaturperiode nicht bis zum Ende blieben. Im Frühjahr 1974 rückten Dr. Heidi Lambert-Lang (CDU) und Dörthe Muth (SPD) nach. Beide wurden auch wieder 1974, 1979 und 1984 für jeweils fünf Jahre gewählt. 1989 gab es dann aus weiblicher Sicht eine einschneidende Veränderung: Gleich neun Frauen konnten in den Bezirkstag Pfalz einziehen: Dörthe Muth, Elisabeth Morawietz und Regina Reif vertraten die SPD, Heidrun Gauf, Gisela Schuff und Ruth Sommer die CDU, Ulrike Fuchs die FDP, Andrea Rahn die Grünen und Gisela Neumann die Republikaner.

 

Am 17. Dezember 1986 beantragte die Bezirkstagsfraktion der Grünen, für den Bezirksverband Pfalz eine Frauenbeauftragte anzustellen beziehungsweise eine Gleichstellungsstelle einzurichten. Die Initiative zielte vor allem auf die Realisierung eines Frauenförderplans, eines jährlichen Frauenberichts, einer frauenfördernden Öffentlichkeitsarbeit sowie die Beteiligung an Personalentscheidungen. Nach eingehenden Diskussionen in den Fraktionen und im Bezirksausschuss konstatierte der Bezirkstag Pfalz am 5. Juni 1987: In jeder Einrichtung des Bezirksverbands Pfalz sollte eine Frau die frauenspezifischen Fragen prüfen. Nach Vorliegen der Prüfungsergebnisse sollte der Bezirkstag Pfalz über weitere Maßnahmen beziehungsweise die Einsetzung „einer Frauenbeauftragten als Dauereinrichtung bei den Anstalten“ des Bezirksverbands Pfalz entscheiden. 1989 war es dann soweit: Dörthe Muth übernahm die ehrenamtliche Funktion der Frauenbeauftragten im Bezirksverband Pfalz bis 1991, wobei sie Wegbereiterin für eine hauptamtliche Stelle war, die dann von Monika Krzyzaniak besetzt wurde. Dörthe Muth (1932-2019) hat mit ihrem Engagement für die Interessen der Frauen eine besondere Rolle im Bezirksverband Pfalz gespielt. Sie gehörte schließlich nicht nur 25 Jahre lang der SPD-Fraktion des Pfälzer Parlaments an, sondern war 15 Jahre lang von 1984 bis 1999 auch Mitglied im Bezirksvorstand, und zwar zweimal als zweite und dazwischen einmal als erste Bezirkstagsvize. 1998 beschloss der Bezirkstag Pfalz auf Grundlage des rheinland-pfälzischen Landesgleichstellungsgesetzes einen Frauenförderplan für den Bezirksverband Pfalz. Darin ist unter anderem festgeschrieben, dass bei der Besetzung von Stellen ausschließlich das Qualifikationsprinzip gilt und Stellenausschreibungen gezielt Frauen ansprechen müssen. Die Gleichstellungsbeauftragte des Bezirksverbands Pfalz überwacht seitdem die Einhaltung des Frauenförderplans.

 

1994 konnten sich zehn Frauen bei der Bezirkstagswahl durchsetzen. Der SPD-Fraktion gehörten neben Dörthe Muth, Elisabeth Morawietz und Regina Reif auch Hildrun Siegrist an, der CDU-Fraktion Heidrun Gauf, Gisela Schuff und Brigitte Hayn, der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Rosemarie Lang-Barke, der FWG-Fraktion Martha Brodhag und der Fraktion der Republikaner Gisela Neumann. Bis zum Ende der Legislaturperiode 1999 war die SPD seit 1951 die stärkste Kraft und stellte somit den Bezirkstagsvorsitzenden, der zunächst bis 1962 Franz Bögler hieß. Nachdem dieser zurücktreten musste, übernahm Dr. Friedrich Graß die Geschäfte bis 1964. Dann übernahm Dr. Werner Ludwig das Ruder im Bezirkstag Pfalz und blieb bis 1996 – mit Unterbrechung einer Wahlperiode von 1974 bis 1979, als Wolfgang Brix (CDU) den Vorsitz innehatte – im Amt, insgesamt also 27 Jahre. Aus Altersgründen trat er in der Mitte der Wahlperiode zurück und überließ Dr. Winfried Hirschberger (SPD) den Vorsitz.

 

Von 1999 bis 2004 erzielte die CDU die absolute Mehrheit und die SPD übernahm als einzige Fraktion die Oppositionsrolle. Bezirkstagsvorsitzender wurde Joachim Stöckle (CDU). Neun Frauen kamen in den Bezirkstag Pfalz: Brigitte Hayn, die das Amt der zweiten stellvertretenden Bezirkstagsvorsitzenden ausübte, Gisela Schuff, Elfriede Benedix und Anke Hetterich von der CDU und Petra Busch, Elisabeth Morawietz, Hildrun Siegrist, Heidrun Ruckriegel und Ulrike Nagel (nur bis 2001) von der SPD. Auch bei der Wahl 2004 konnten Brigitte Hayn und Elfriede Benedix erneut für die CDU sowie Elisabeth Morawietz und Hildrun Siegrist für die SPD in den Bezirkstag Pfalz einziehen; daneben war die SPD noch von Dr. Andrea Edel bis 2008 und danach von Carin Brigitte Patoc für den Rest der Wahlperiode vertreten. Für die Grünen kam Ruth Ratter und für die Republikaner Gisela Neumann ins Pfälzer Parlament. Zum Bezirkstagsvorsitzenden wurde Theo Wieder gewählt, der das Amt bis heute innehat. In der 15. Legislaturperiode von 2009 bis 2014 gelangten neun Frauen ins höchste Entscheidungsgremium des Bezirksverbands Pfalz: Gabriele Böhle, Heidrun Gauf und Monika Kabs von der CDU, Hildrun Siegrist, Petra Busch, Margit Mohr und Ingeborg Sabin von der SPD, Ruth Ratter von den Grünen und Stefanie Hermann von den Linken.

 

Erstmals gelangten 2014 elf Frauen in den Bezirkstag Pfalz: Gabriele Böhle, Monika Kabs, Brigitte Hayn, Christine Schneider und Christina Rauch vertraten die CDU, Petra Busch, Edeltraut Buser-Hussong und Ingeborg Sabin die SPD, Ruth Ratter und Dr. Freia Jung-Klein die Grünen und Brigitte Freihold die Linken. Die weibliche Kraft bleibt auch fünf Jahre später gleich stark unter den 29 Bezirkstagsmitgliedern, und zwar vertreten durch Monika Kaps, Christina Rauch und Dr. Susanne Ganster (CDU), Petra Busch, Ingeborg Sabin und Stefanie Seiler (SPD), Ruth Ratter, die zweite stellvertretende Bezirkstagsvorsitzende wird, Irmgard Münch-Weinmann und Waltraud Blarr (Grüne), Karin Leissing (AfD) sowie Heike Rung-Braun (FWG).

Bu: Gehörte 25 Jahre lang dem Bezirkstag Pfalz an und machte sich für die Frauen stark: Dörthe Muth (1932-2019)
(Foto: Dörthe Muth)

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Quelle Text/Bild:
Bezirksverband Pfalz
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Bismarckstraße 17
67655 Kaiserslautern

www.bv-pfalz.de

Kaiserslautern, 06.07.2021

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