Ingenieure der TU Kaiserslautern (TUK) entwickeln eine Software-Lösung, die Unternehmen der Halbleiterindustrie beim agilen Chipdesign unterstützt. Durch frühzeitiges Testen und Verifizieren ermöglicht es das Tool, Kundenfeedback frühzeitig einzubinden und Fehler bereits im Verlauf der Prototypen-Entwicklung zu korrigieren. Die Gründer planen, das Software-Tool künftig unter dem Namen „LUBIS EDA“ zu vermarkten. Bei der digitalen Hannover Messe vom 12. bis 16. April sind sie am Gemeinschaftsstand Forschung und Innovation Rheinland-Pfalz präsent und stellen die Lösung vor.
Die drei Ingenieure Tobias Ludwig, Michael Schwarz und Dr. Max Birtel sind zusammen mit Softwareentwickler Tim Burr angetreten, um sprichwörtlich aus einem Pferd einen Rennwagen zu machen. „In punkto Hardware-Design hat sich in der Industrie in den letzten Jahrzehnten nicht viel verändert“, erklärt Ludwig. „Der Fokus liegt darauf, den vorhandenen Prozess schneller zu machen. Die Idee, diesen mithilfe von agilen Ansätzen komplett neu zu gestalten und damit beim Erreichen der ‚Time-to-Market‘ einen großen Zeitsprung nach vorne zu machen, hat bislang noch nicht gezündet.“
Deswegen bietet das Gründerteam der Halbleiterindustrie jetzt den geeigneten Werkzeugkasten, um das ungenutzte Potenzial zu erschließen. „Unsere Softwarelösung ermöglicht es Unternehmen, bewährte Ansätze aus der agilen Software-Entwicklung in die Welt der Hardware zu übertragen“, so Ludwig. „Mehr Kundennähe, schnellere Releases, Fehlerminimierung im Initialdesign – all das ist dadurch auch in der Hardware-Entwicklung möglich.“ Der entscheidende Vorteil besteht im frühzeitigen und kontinuierlichen Testen, weil es eben nicht erst am Ende, sondern nach jedem Anpassungsschritt stattfindet. So lässt sich die Zeit, die insgesamt benötigt wird, um den Chip zu verifizieren, signifikant reduzieren. Birtel unterstreicht: „Aus der Erfahrung heraus können wir mindestens zehn Prozent Zeitersparnis, allein beim Testen, garantieren“, sagt Birtel. „Da sich die Entwicklungskosten für einen Chip je nach Komplexität in einem Bereich von knapp zwei bis hin zu sechs Mio. Euro bewegen, liegt auf der Hand, welches Einsparpotenzial sich je Projekt eröffnet.“
Der Einstieg in die neue Methodik kann über einen Teilprozess erfolgen, da sich das Entwicklungs-Tool der Gründer parallel zu bestehenden Entwicklungsumgebungen betreiben lässt. Sprich, Dokumente und Daten aus bestehenden Teilprozessen lassen sich einpflegen und am Ende die Resultate ins bisherige System zurückspielen. Birtel erläutert: „Unsere Methodik setzt an dem Punkt an, wenn das kundenspezifische Entwurfsdesign erstmals in Gestalt von konkreten Hardware-Anforderungen und -eigenschaften festgeschrieben wird. Chiphersteller können mithilfe unserer Software das noch abstrakte Pflichtenheft in einen virtuellen Prototyp überführen, der alle Funktionen der späteren physischen Hardware abbildet.“
Dabei lassen sich mit dem agilen System alle Entwicklungsziele erreichen, die in der Halbleiterindustrie relevant sind – von möglichst kleinen über möglichst energiesparende bis hin zu möglichst leistungsstarken Chips. „In unserem Tool stecken nahezu 15 Jahre Entwicklungsarbeit. Jetzt sind wir bereit für Pilotprojekte, um unsere Software-Lösung in spezifischen Anwendungsfällen zu evaluieren. Dadurch erhoffen wir uns auch weitere Impulse für unser Geschäftsmodell, sprich, wie wir die Software letztendlich am Markt am besten anbieten können.“
Die Entwicklung bis zur Markreife wird im Rahmen eines EXIST-Forschungstransfers mit dem Namen „Syncopate“ (03EFORP026) bis März 2021 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfond gefördert. Darüber hinaus steht den Ingenieuren das Gründungsbüro der TU Kaiserslautern und der Hochschule Kaiserslautern beratend zur Seite.
Wie alles begann: Ludwig hat im Rahmen seiner Doktorarbeit am Lehrstuhl EIS (Entwicklung informationstechnischer Systeme) von Prof. Dr. Wolfgang Kunz an der TUK vorhandene Methoden, die eine agile Hardware-Entwicklung ermöglichen, weiterentwickelt. Gemeinsam mit seinem Promotionskollegen Schwarz erkannte er deren Potenzial, hat die Gründung anvisiert und mit Birtel einen Wirtschaftsingenieur an Bord geholt, der die technische Ingenieurssicht mit wirtschaftswissenschaftlichen Kompetenzen ergänzt. Zuletzt komplettierte Softwarenentwickler Burr das Team.
Quelle Text/Bild:
TU Kaiserslautern
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Kaiserslautern, 06.04.2021