Staatsanwaltschaft Kaiserslautern: Anklage gegen 24-Jährige nach Auflösung einer Personenansammlung

Am 30.05.2020 hatte die Polizei auf dem Gelände der Hochschule Kaiserslautern in der Schoenstraße die heute 24-Jährige festgenommen. Hiervon kursierten Handyvideoaufnahmen im Internet. Auf meine Presseerklärung vom 08.07.2020 nehme ich Bezug.

Die Ermittlungen gegen die 24-Jährige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und unbefugter Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes auf einen Tonträger sind nunmehr abgeschlossen. Ermittlungen wurden insbesondere auch dazu geführt, ob die Festnahme der 24-Jährigen rechtmäßig war. Die Strafbarkeit des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte setzt voraus, dass die Diensthandlung, gegen die Widerstand geleistet wird, rechtmäßig war.

Die Ermittlungen umfassten die Sicherstellung und Auswertung der Handyvideoaufnahmen in voller Länge, die eine Begleiterin der 24-Jährigen von der Festnahme gemacht hatte, und von denen ein Ausschnitt ins Internet gestellt worden war. Ferner umfassten die Ermittlungen die Auswertung der Aufnahmen, die die 24-Jährige selbst mit ihrem Handy von der Personenkontrolle einer Personenansammlung gemacht hatte, die ihrer Festnahme vorausging.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen war Anlass des Erscheinens der Polizei auf dem Gelände der Hochschule Kaiserslautern in der Schoenstraße der Anruf eines Anwohners, der erklärte, 15-20 Personen würden dort augenscheinlich Alkohol konsumieren und „Gras“ rauchen. Nach § 2 der damals geltenden Achten Coronabekämpfungsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz war der gemeinsame Aufenthalt im öffentlichen Raum nur Angehörigen von maximal zwei Haushalten gestattet. Um die Coronabekämpfungsverordnung durchzusetzen und einem eventuellen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz nachzugehen, begaben sich zwei Polizeibeamte vor Ort. Dort stellten sie 14 Personen fest, die sich unter Verstoß gegen die Coronabekämpfungsverordnung gemeinsam am dortigen Teich aufhielten. Die Polizeibeamten lösten die Ansammlung auf und nahmen die Personalien aller 14 Personen auf, die als Beteiligte an der Personenansammlung festgestellt wurden. Dazu forderten sie Verstärkung an, so dass weitere Polizeibeamte eintrafen.

Die 24-Jährige machte von dieser polizeilichen Maßnahme Bild- und Tonaufnahmen mit ihrem Handy, obwohl die Polizei sie aufforderte, dies zu unterlassen, da es strafbar sei. Wegen des Verdachts der unbefugten Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes auf einen Tonträger ordnete ein Polizeibeamter die Beschlagnahme ihres Handys an und nahm es ihr weg. Sie verlangte eine Bescheinigung über die Beschlagnahme, ihr wurde zugesagt, diese am Streifenwagen auszustellen. Nach dem Ergebnis der Auswertung dieses Handys im Rahmen der Ermittlungen enthalten die Aufzeichnungen nichtöffentlich gesprochene Worte, unter anderem solche zwischen Polizeibeamten über ihr weiteres Vorgehen und Personalien von Beteiligten an der Personenansammlung.

Zum rechtlichen Hintergrund: Der Straftatbestand „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ durch unbefugte Aufnahme des „nichtöffentlich gesprochenen Wortes eines anderen auf einen Tonträger“ (§ 201 des Strafgesetzbuchs) schützt die Unbefangenheit der mündlichen Kommunikation, und zwar sowohl privater wie auch dienstlicher oder beruflicher Kommunikation.

Auf dem Weg zum Streifenwagen versuchte die 24-Jährige nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrfach, dem Polizeibeamten das Handy wieder wegzunehmen. Um die Fortsetzung dieses Verhaltens zu verhindern, wurde ihr gemäß § 81 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes die Anordnung der Fesselung eröffnet und sie wurde aufgefordert, die Hände auf den Rücken zu nehmen, um sich fesseln zu lassen. Da sie sich weigerte, wendete die Polizei unmittelbaren Zwang an, gegen den sie sich zur Wehr setzte, trotz wiederholter Aufforderungen der Polizei, dass sie sich ruhig verhalten solle, da man ihr nicht weh tun wolle. Der angewendete Zwang entsprach nach dem Ergebnis der Ermittlungen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. In dem Handyvideo, das die Begleiterin der 24-Jährigen aufgenommen hatte, ist auch ein Moment festgehalten, in dem die 24-Jährige bäuchlings am Boden liegt und sich beklagt, dass sie keine Luft mehr bekomme. Daraufhin wechselt ein Polizeibeamter, der auf dem Oberschenkel der 24-Jährigen kniete, seine Position und kniet nun neben ihr. In einem späteren Moment kniet ein Beamter auf ihren Beinen, nach den aufgenommenen Gesprächen, um Tritte der 24-Jährigen zu verhindern. Als sich diese wieder beklagt, keine Luft zu bekommen und offenbar ohnmächtig wird, bringen sie die Beamten in eine stabile Seitenlage und rufen den Rettungswagen. Die 24-Jährige erwacht schnell wieder, die eintreffenden Sanitäter sehen nach einer Untersuchung im Rettungswagen keinen Grund für medizinische Maßnahmen. Nach dem Ergebnis der Auswertung der Aufnahme erstreckt sich diese über das Geschehen von der Fesselung bis zur Ohnmacht und zeigt zu keinem Zeitpunkt, dass ein Beamter auf dem Oberkörper der 24-Jährigen gekniet oder gesessen hätte und so eine Ursache für die Ohnmacht gesetzt haben könnte.

Auf die Eröffnung des Vorwurfs im Ermittlungsverfahren hatte die 24-Jährige gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache und insoweit von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Sie äußerte sich jedoch in einer Fernsehsendung am 14.10.2020 öffentlich zur Sache und erklärte, die Handyaufnahmen habe sie aus Angst vor Gewaltanwendung durch die Polizei gemacht. Sie habe angekündigt, das Video sofort zu löschen, wenn die Polizeibeamten weggingen und ihr nichts passiere“. Ihr Verteidiger bestritt in der Fernsehsendung einen legalen Anlass für die Kontrolle. Ferner gab die 24-Jährige in einem am 02.07.2020 festgestellten Posting auf Instagram an, ein Polizeibeamter sei auf ihrem Oberkörper gekniet, so dass sie kaum noch Luft bekommen und das Bewusstsein verloren habe.

Aufgrund des Ermittlungsergebnisses hat die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern gegen die 24-Jährige Anklage zum Amtsgericht Kaiserslautern erhoben. Der 24-Jährigen wird der Vorwurf der unbefugten Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes auf einen Tonträger gemacht, soweit die Betroffenen Strafantrag gestellt haben, und der Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, ferner der Vorwurf, Polizeibeamte dabei beleidigt zu haben.

Das Amtsgericht Kaiserslautern hat jetzt über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden.

 

 

Quelle Text/Bild:
Staatsanwaltschaft Kaiserslautern
Bahnhofstraße 24
67655 Kaiserslautern

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Kaiserslautern, 24.02.2021