Die Corona-Pandemie und die dadurch notwendigen Maßnahmen verschärfen die Chancenungerechtigkeit für Kinder und Jugendliche, die in finanziell belasteten Familien aufwachsen. Wo das Geld ohnehin schon knapp war, verlieren nun viele Eltern ihre Jobs oder geraten durch Kurzarbeit oder auch prekäre Selbstständigkeit in eine wirtschaftliche Notlage. Die finanziellen Belastungen steigen, während gleichzeitig Unterstützungsangebote wegfallen. SOS-Kinderdorf e.V. fordert die Politik zum Welttag der sozialen Gerechtigkeit auf, Familien in schwierigen Lebenslagen finanziell besser unter die Arme zu greifen.
Die Krise trifft Familien unterschiedlich hart. Gleichzeitig sind die ökonomischen und psychosozialen Ressourcen für den Umgang mit der Krise ungleich verteilt. Die Corona-Beschränkungen in der Wirtschaft und der Arbeitswelt sowie die Schließung öffentlicher Bildungsinstitutionen bringen besonders Familien unter Druck: Eine Mischung aus Existenzsorgen, beengten Lebensverhältnissen, Dauerbelastung und Überforderung in der Krise setzt ihnen zu – insbesondere in erschwerten Lebenslagen. Eine unmittelbare Folge ist die vielschichtige Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen: Ihnen fehlen Bildungszugänge und die Unterstützung beim Homeschooling, die Essensversorgung in Kita oder Schule wie auch Sport- und Freizeitmöglichkeiten. Um diese Familien zu unterstützen, bräuchte es aus Sicht von SOS-Kinderdorf Unterstützung – nicht zuletzt in finanzieller Hinsicht.
„Die Pandemie hält nun schon seit einem Jahr an und Familien tragen eine sehr große Last. Familien, die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II erhalten, benötigen dringend eine bessere Absicherung. Auch ihre Lebenshaltungskosten haben sich erhöht. Nicht nur die Gemeinschaftsverpflegung in Kita, Schule oder Hort fällt weg, zusätzlich sind derzeit vielerorts Unterstützungsangebote wie kostenloser Mittagstisch, Lebensmittelausgabe von Tafeln etc. geschlossen“, erklärt Dr. Kristin Teuber, Leiterin des Sozialpädagogischen Instituts bei SOS-Kinderdorf. „Das Bundeskabinett hat nun ein Gesetzgebungsverfahren, das Sozialschutz-Paket III, auf den Weg gebracht, das im Rahmen der Grundsicherung eine Einmalzahlung in Höhe von 150 EUR vorsieht. Jede Zahlung ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und längst überfällig. Diese Einmalzahlung reicht jedoch nicht aus. Stattdessen wäre es notwendig, die Regelsätze für die Zeit der Pandemie anzuheben, damit Familien, die auf Grundsicherung angewiesen sind, entlastet werden und ihre Mehraufwendungen besser decken können. Davon würden ihre Kinder unmittelbar profitieren.“
Die Weisung der Bundesagentur für Arbeit, dass Kinder in der Grundsicherung mit digitalen Endgeräten auszustatten sind, begrüßt SOS-Kinderdorf. Sie muss jetzt auf kommunaler
Ebene zügig umgesetzt werden. „Eine solche Regelung brauchen wir zudem auch dringend für die Kinder- und Jugendhilfe,“ so Dr. Kristin Teuber weiter. „Wichtig ist auch hier die Übernahme der Kosten, die mit dem Homeschooling entstehen, ebenso wie eine unbürokratische Unterstützung bei der Beschaffung von erforderlichem Material. Und nicht zuletzt bedarf es weiterer Konzepte für bildungsbenachteiligte Kinder, um die Defizite, die sich während der Pandemie ergeben bzw. verschlimmert haben, wieder abbauen zu können.“
Benachteiligung im Bereich Bildung durch mangelnde digitale Infrastruktur
Und nicht nur die Geräte fürs Homeschooling fehlen: Auch eine schnelle, stabile Internetverbindung im eigenen Haushalt sowie ein entsprechend großes Datenvolumen sind oft eine Frage des Einkommens.Probleme in der digitalen Infrastruktur verschärfen auch weiter die Benachteiligung in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, in denen mehrere junge Menschen leben und gleichzeitig im Homeschooling sind. Sabisan lebt im SOS-Kinderdorf Kaiserslautern und ist Vorstand des Kinder- und Jugendrates. Er erklärt: „Ständige WLAN-Ausfälle und das Benutzen des privaten Datenvolumens für das Homeschooling stellen eine große Benachteiligung in wichtigen Themen wie soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit dar. Außerdem wird auch das Recht auf Bildung verwehrt, da man oftmals Videokonferenzen aufgrund des schlechten WLANs nicht beitreten kann.“
Quelle Text/Bild:
SOS-Kinderdorf e.V.
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www.sos-kinderdorf.de
München, 19.02.2021