Lesetipps von der Buchhandlung „blaue Blume“ 15.10.

Roman: Anne Weber – Annette, ein Heldinnenepos
Anne Weber erzählt in dem mit dem „Deutschen Buchpreis“ ausgezeichneten „Annette, ein Heldinnen-Epos“ das Leben der Anne Beaumanoir: Geboren 1923 in der Bretagne, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, schon als Jugendliche Mitglied der kommunistischen Résistance, Retterin zweier jüdischer Jugendlicher, nach dem Krieg Neurophysiologin in Marseille, 1959 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wegen ihres Engagements auf Seiten der algerischen Unabhängigkeitsbewegung… und noch heute an Schulen ein lebendiges Beispiel für die Wichtigkeit des Ungehorsams. Weber schildert mit großer Sprachkraft und in gebundener Sprache ein Leben, das viele elementare Fragen aufwirft: Was treibt jemanden in den Widerstand? Was opfert er dafür? Wie weit darf er gehen? Durch die Form ein ungewöhnliches, ein großes Buch, das zu Recht den „Deutschen Buchpreis“ erhält.

Roman
Christine Wunnicke – Die Dame mit der bemalten Hand
Bombay, 1764. Indien stand nicht auf dem Reiseplan und Elephanta, diese struppige Insel voller Schlangen und Ziegen und Höhlen mit den seltsamen Figuren an den Wänden, schon gar nicht. Doch als Forschungsreisenden in Sachen »biblischer Klarheit« zieht es einen eben an die merkwürdigsten Orte. Carsten Niebuhr aus dem Bremischen ist hier gestrandet, obwohl er doch in Arabien sein sollte. Ebenso Meister Musa, persischer Astrolabienbauer aus Jaipur, der eigentlich in Mekka sein wollte. Man spricht leidlich Arabisch miteinander, genug, um die paar Tage bis zu ihrer Rettung gemeinsam herumzubringen, sich öst-westlich misszuverstehen und freundlich über Sternbilder zu streiten. „Aus den Scherben eines Kommunikationsdesasters baut Christine Wunnicke neue bizarr-schöne Gebäude“, schreibt die Jury in ihrer Begründung für den Raabe-Preis mit dem die Autorin ausgezeichnet wird.

Sachbuch
Amartya Sen – Gleichheit? Welche Gleichheit?
Der spätere Nobelpreisträger, indische Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph Amartya Sen hielt in Stanford – im Rahmen der berühmten »Tanner Lectures« – einen Vortrag, der unser Denken über Entwicklungshilfe und Verteilungsgerechtigkeit nachhaltig erschüttern sollte: Mit Bezug auf die Gerechtigkeitstheorie des Philosophen John Rawls führte er seine These aus, dass es nicht um die Verteilung von Gütern oder Geld, sondern um die Chancen gehen sollte, die jeder Einzelne zur Verwirklichung seiner Lebensträume vorfindet. Dieser einflussreiche klassische Aufsatz ist eine gute Einführung in das Denken von Amartya Sen, der am Sonntag den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhält.

Biografie
Benjamin Moser – Sontag
Susan Sontags glamouröse Erscheinung ist so legendär wie ihr schneidender Verstand. Das Themenspektrum, das sie in ihrem beeindruckenden literarischen Werk bearbeitete, reicht von postabstrakter Malerei über Pornografie und Existenzialismus bis hin zu Krebs und Kriegsfotografie. Für seine monumentale Biografie dieser Literaturikone des 20. Jahrhunderts konnte Benjamin Moser zahlreiche private Aufzeichnungen auswerten und erstmals Lebensgefährten wie Annie Leibovitz befragen.

Quelle Text/Bild:
buchhandlung blaue blume
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Kaiserslautern, 15.10.2020