„Ach wärst Du doch ‚ein kleiner pfälzischer Schulmeister‘ geblieben! Und aus uns wäre eine ganz normale kleine Nazi-Familie geworden, bescheiden, aber Beamte, abgesichert, aber deutsch, zwei Kinder, ein Auto, und in der Kirchengemeinde.“
Der pfälzische Gauleiter Josef Bürckel war einer der mächtigsten Funktionäre des Nationalsozialismus. 1895 geboren, nahm Bürckel am Ersten Weltkrieg als Freiwilliger teil. 1921 trat er der NSDAP bei. Er war ab 1926 Gauleiter der „Saarpfalz“. Hitler, mit dem er immer in direktem Kontakt stand und dem er bedingungslos ergeben war, ernannte ihn zum „Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Reich“. 1939 und 1940 war er Gauleiter in Wien, in dieser Funktion organisierte er ab 1939 zusammen mit Adolf Eichmann die Massendeportationen der Wiener Juden.
1940 war Bürckel maßgeblich verantwortlich für die Deportation von 6.538 Juden aus Baden und der Saarpfalz ins französische Internierungslager Gurs; von dort wurden zahlreiche Häftlinge nach Auschwitz gebracht. 1940 meldet Bürckel an Hitler als erster deutscher Gauleiter seine „Saarpfalz“ als „judenfrei“. Bürckel verstarb 1944 in Neustadt an der Weinstraße.
Bis heute gilt Bürckel als eine schillernde Figur der NS-Führungselite, in Teilen der Pfalz blieb er lange Zeit geachtet wegen seiner legendären Jovialität, wegen der Beibehaltung seines pfälzischen Dialektes und bis heute vor allem als „Erfinder“ der Weinstraße.
Peter Roos wurde 1950 in Ludwigshafen geboren und wuchs in Göllheim in der Nordpfalz auf. Er hat sich zeitlebens mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Davon zeugt unter anderem sein vieldiskutiertes Buch „Hitler Lieben. Roman einer Krankheit“. Roos lebt als freier Schriftsteller in Wien und in Zimmern am Main. Er arbeitet für Theater, Ballett, Film, Funk und Fernsehen. Außerdem verfasste er zahlreiche Publikationen für die „FAZ“ und den „Spiegel“, und war langjähriger Kulturkorrespondent der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“.
Anlässlich des 80. Jahrestages der Deportation der Pfälzer Juden nach Gurs schreibt Peter Roos nun ein Stück, in dem die schillernde Figur Josef Bürckel mit all ihren Facetten im Mittelpunkt steht. Grundlage der theatralischen Handlung um Josef Bürckel sind dabei die jahrelangen Recherchen des Autors zum Fall Bürckel, unter anderem die 557 Blatt umfassende Akte seiner Frau Hilde von 1949.
In der Inszenierung von Susanne Schmelcher und der Ausstattung von Marion Hauer ist Hannelore Bähr zu erleben.
Die Premiere am 1. Oktober 2020 im Großen Haus ist restlos ausverkauft. Weitere Termine unter www.pfalztheater.de oder Telefon 0631/3675-209.
Quelle Text/Bild:
Pfalztheater Kaiserslautern
Willy-Brandt-Platz 4 + 5
67657 Kaiserslautern
www.pfalztheater.de
Kaiserslautern, 29.09.2020