Der nächste Meilenstein für anwendungsnahes Quantencomputing in Deutschland ist gelegt: Am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsinformatik ITWM in Kaiserslautern wurde heute das Kompetenzzentrum „Quanten-High Performance Computing“ eröffnet. Das Land Rheinland-Pfalz fördert das Vorhaben mit knapp einer Million Euro und unterstützt damit den Aufbau von dringend notwendigen Fachkompetenzen in dieser zukunftsweisenden Technologie.
Ziel des Großforschungsprojektes des Fraunhofer ITWM ist es, Quantencomputing für industrielle Anwendungen aus vielen Branchen nutzbar zu machen. Dazu werden Algorithmen für unterschiedliche Einsatzfelder entwickelt und bewertet. Um diesen Transfer von der Wissenschaft in Unternehmen möglich zu machen, bedarf es zunächst der Weiterentwicklung entsprechender Methoden und eines vertieften wissenschaftlichen Verständnisses zum Betrieb von Quantencomputern. In einem nächsten Schritt sollen dann gemeinsam mit Industrie und Wirtschaft Projekte im Bereich Quantencomputing durchgeführt werden.
„Das Quantencomputing ist ein hochdynamisches Feld, in welchem sich das Fraunhofer ITWM ganz vorne positionieren konnte. Es freut mich, dass das Kompetenzzentrum in Kaiserslautern angesiedelt ist. Dies zeigt, dass die Forschungslandschaft in Rheinland-Pfalz exzellent und zukunftsweisend aufgestellt ist. Durch seine Kompetenzen im Bereich Algorithmen und High Performance Computing (HPC) ist das Fraunhofer ITWM für diese anwendungsnahe Forschung prädestiniert und wir dürfen gespannt sein, welche Synergien sich mit der rheinland-pfälzischen Wirtschaft z. B. in Bereichen wie Datensicherheit und Biowissenschaften ergeben“, betont Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf bei der Übergabe des Bewilligungsbescheids des Landes.
„In der Theorie können Quantencomputer eine ganze Reihe praxisrelevanter Probleme viel schneller lösen, als das mit klassischen Computern möglich ist. In unserem Projekt wollen wir Probleme identifizieren, für die das auch praktisch möglich ist und dies dann industriell nutzbar machen“, erläutert Prof. Anita Schöbel, Leiterin des Fraunhofer ITWM und in der Fraunhofer-Gesellschaft mitverantwortlich für den Aufbau des Kompetenznetzwerks Quantencomputing.
Im Gegensatz zum klassischen Computing ermöglicht es das Quantencomputing, bestimmte Algorithmen exponentiell zu beschleunigen und extrem komplexe Fragestellungen zu bearbeiten. So versprechen Quantencomputer die Erforschung von Problemen, die mit klassischen Rechnern nicht oder nur deutlich langsamer berechenbar sind. Mögliche Anwendungsfelder sind etwa maschinelles Lernen oder künstliche Intelligenz. Durch die Kooperation von Forschung und Industrie soll das Quantencomputing zur Beantwortung gesellschafts-, wissenschafts- und wirtschaftsrelevanter Fragestellungen beitragen.
Der Aufbau des Kompetenzzentrums „Quanten-HPC“ am Standort Kaiserslautern ist Teil des bundesweiten Fraunhofer-Kompetenznetzwerks für Quantencomputing. Zugleich ist das Kompetenzzentrum durch das Fraunhofer-Leistungszentrum „Simulations- und Software-basierte Innovation“ mit der Wissenschaft vor Ort vernetzt. Es ist das zweite Quantenkompetenzzentrum der Fraunhofer-Gesellschaft und gemeinsam mit dem FOKUS in Berlin koordiniert es das Fraunhofer-Kompetenznetzwerk zum Thema Quantencomputing, an dem derzeit neun Fraunhofer-Institute in sieben Bundesländern beteiligt sind. Die beteiligten Institute können ab Januar 2021 auf dem ersten IBM Quantencomputer in Deutschland rechnen und damit Quantenalgorithmen für relevante Anwendungen zusammen mit Partnern aus der Industrie testen. Gleichzeitig setzen die Akteure auch auf Aus- und Weiterbildung zum Thema Quantencomputing. In Kaiserslautern wird das Leistungszentrum hierzu in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Kaiserslautern Vorträge und Kurse anbieten.
Um die Anwendungsnähe des Kompetenzzentrums sicherzustellen, wurde ein industrieller Beirat gegründet, der die Steuerung der Entwicklungen unterstützt. Zu seinen Aufgaben gehört die Einordnung von Erkenntnissen sowie die beratende Begleitung des „Quanten-HPC“. Dem Beirat gehören Dr. Peter Deglmann (BASF SE), Dr. Boris Krostiz (DB Analytics), Joannna Procelewska (Schaeffler Technologies) und Dr. Norman Pankratz (Debeka) an.
Beiratsmitglied Dr. Deglmann (BASF SE) sieht große Entwicklungsmöglichkeiten der neuen Technologie: „Quantencomputing hat in der chemischen Forschung das Potenzial, auf allen rechenintensiven Gebieten zum ‘Game Changer‘ zu werden. Um bei dieser Technologie vorne mit dabei zu sein, sind einige Kollegen und ich bereits seit einigen Jahren in diesem Bereich aktiv; wir arbeiten dabei intensiv mit externen Forschungsinstitutionen und Firmen zusammen. Es freut mich daher sehr, die BASF im Beirat des neuen Kompetenzzentrums vertreten zu dürfen.“
Weitere Informationen zum Quantencomputing finden Sie unter: https://www.fraunhofer.de/de/forschung/aktuelles-aus-der-forschung/quantentechnologie/quantencomputing.html
Quelle Text/Bild:
Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz
vertreten durch den Minister
Mittlere Bleiche 61
55116 Mainz
www.mwwk.rlp.de
Mainz, 14.08.2020