Im Jahr 2019 haben die rheinland-pfälzischen Jugendämter 8.733 Einschätzungen zur Kindeswohlgefährdung infolge gewichtiger Verdachtsmeldungen abgeschlossen. Laut Statistischem Landesamt Rheinland-Pfalz entspricht dies einem Anstieg um 441 Verfahren bzw. 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Knapp 30 Prozent der angestoßenen Gefährdungseinschätzungen wurden ohne weitere Maßnahmen beendet. Für 70 Prozent (6.147 Fälle) ergab sich ein weiterer Handlungsbedarf; dies waren 2,6 Prozent mehr Fälle als im Vorjahr.
In 3.100 Fällen lag eine akute oder latente Gefährdung vor (plus 2,4 Prozent gegenüber 2018). Dabei stellten die zuständigen Fachkräfte bei 17 Prozent aller Verdachtsfälle eine akute Kindeswohlgefährdung fest. Weitere 18 Prozent wurden als latente Kindeswohlgefährdung eingestuft. Hier konnte die Frage, ob gegenwärtig tatsächlich eine Gefahr besteht, nicht eindeutig beantwortet, eine Gefährdung jedoch nicht ausgeschlossen werden. Für gut ein Drittel der Verfahren (35 Prozent) kamen die Experten zu dem Ergebnis, dass – wenngleich keine Gefährdung der Kinder festgestellt wurde – zumindest weiterer Unterstützungsbedarf notwendig war.
In sechs von zehn Fällen (57 Prozent), bei denen eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung festgestellt wurde, gab es Anzeichen für Vernachlässigung. Anhaltspunkte für psychische bzw. körperliche Misshandlungen konnten bei 38 bzw. 28 Prozent der Fälle von akuter oder latenter Kindeswohlgefährdung nachgewiesen werden; in fünf Prozent der Fälle wurden Anzeichen für sexuelle Gewalt festgestellt. Zu beachten ist, dass bei der Meldung zur Art der Kindeswohlgefährdung im Rahmen der amtlichen Statistik Mehrfachnennungen möglich sind.
Mit 29 Prozent wurden die relativ meisten Verfahren auf Initiative von Polizei, Gericht oder Staatsanwaltschaft in die Wege geleitet. Danach folgen Verdachtsmeldungen von Bekannten oder Nachbarn sowie anonyme Meldungen mit Anteilswerten von elf Prozent bzw. zehn Prozent; neun Prozent der Ermittlungen wurde von Schulen angestoßen.
Mädchen und Jungen waren nahezu gleichstark von Einschätzungen zur Kindeswohlgefährdung betroffen. In zwei Dritteln der untersuchten Fälle (64 Prozent) waren die Kinder neun Jahre oder jünger; nahezu jedes vierte Kind (23 Prozent) hatte das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet.
Zum 1. Januar 2012 trat ein neues Bundeskinderschutzgesetz in Kraft. Dieses Gesetz regelt verschiedene Maßnahmen, mit dem Ziel eines deutlich verbesserten Kinderschutzes. Auf der Grundlage des Kinderschutzgesetzes sind die Jugendämter verpflichtet, eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen vorliegen. Die Einschätzung des Gefährdungsrisikos erfolgt im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte. Eine Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes bzw. Jugendlichen bereits eingetreten oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist. Über alle Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung ist bei den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe (Jugendämtern) jährlich eine Erhebung durchzuführen (§ 98 Absatz 1 und § 99 Absatz 6 SGB VIII). Für die Statistik sind in Rheinland-Pfalz 41 Jugendämter auskunftspflichtig. Die Erhebung erstreckt sich auf die innerhalb eines Kalenderjahres abgeschlossenen Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung. Da hier Daten des Jahres 2019 betrachtet werden, sind Aussagen über mögliche Auswirkungen der Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht enthalten.
Autor: Markus Elz (Referat Soziales, Gesundheit, Rechtspflege)
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Quelle Text/Bild:
Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz
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www.statistik.rlp.de
Kaiserslautern, 30.07.2020