Ein Kind in einem Rollstuhl mitzunehmen, ist für Menschen mit einer Gehbehinderung kein leichtes Unterfangen. Im Rahmen von mehreren studentischen Projekten hat sich der Ingenieurnachwuchs an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) mit diesem Thema auseinandergesetzt. Mittlerweile hat er einen Prototyp entwickelt, bei dem ein Kindersitz mithilfe eines Schienensystems einfach an einem Rollstuhl angebracht werden kann. Der Sitz lässt sich beliebig verstellen, es sind nur ein paar Handgriffe nötig. Auf der Medizintechnikmesse Medica in Düsseldorf vom 18. bis 21. November stellt das Team sein Projekt am Forschungsstand Rheinland-Pfalz (Halle 7a, Stand B06) vor.
Das Schienensystem, das sich gebogen um den Rollstuhl schwingt, ähnelt einem Fahrradrahmen. Mit ein paar Handgriffen lässt sich daran ein Kindersitz befestigen. „Über einen Drehhebel kann der Sitz in jede beliebige Position gebracht werden“, sagt Ingenieur Michael Weber vom Lehrstuhl für Konstruktion in Maschinenbau und Fahrzeugtechnik an der TUK. Ein Kind kann auf diese Weise mit wenigen Handgriffen direkt vom Fahrer in den Sitz gesetzt werden, wenn sich der Sitz rechts von ihm befindet. Im Anschluss kann er den Sitz mithilfe eines Drehhebels hinter den Rollstuhl positionieren. Der Kindersitz hat somit keinen negativen Einfluss auf die Gesamtbreite.
Auf die Idee zu dieser Arbeit hatte den Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik 2016 eine Rollstuhlfahrerin gebracht, die bei keinem Anbieter eine Möglichkeit gefunden hatte, ihr Kind sicher im Rollstuhl mit zu transportieren. Im Rahmen des sogenannten Idee-Projekts im Maschinenbau-Studiengang haben sich studentische Teams daraufhin mit diesem Thema befasst und verschiedene konzeptionelle 3D-Modelle am Rechner entworfen. Diese Projektarbeit wird schon früh im Bachelorstudium angeboten und zielt darauf ab, dass sich die Studierenden zu Beginn des Studiums mit einer praktischen Teamarbeit befassen können.
An einem der Modelle hat Student Johannes Imhoff im Anschluss im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit weitergearbeitet. Dabei wurde er von Michael Weber und Hristo Apostolov vom Lehrstuhl für virtuelle Produktentwicklung betreut. Mittlerweile hat er es zu einem Prototyp weiterentwickelt und an der Technik gefeilt.
Das von den zentralen Metallwerkstätten auf dem Campus gefertigte und in der Lehrstuhlwerkstatt aufgebaute System besteht aus einem dünnwandigen Rohrsystem und ist daher relativ leicht. Das Befestigungssystem, mit dem der Kindersitz arretiert werden kann, ist im Montageaufwand mit einem Fahrradträger für Anhängerkupplungen beim Auto vergleichbar. Es ist sowohl für Sitze von neun bis 13 Kilogramm als auch für 15 Kilogramm und mehr ausgelegt. „Insgesamt haben wir darauf geachtet, dass die Technik einfach in der Handhabung ist und ein Kind ohne große Mühe in den Sitz gesetzt werden kann“, sagt Imhoff.
Auf der Messe werden sie ihre Arbeit präsentieren. „Wir hoffen, das Interesse von Unternehmen zu wecken und ihnen zu zeigen, dass die Idee funktioniert“, sagt Professor Dr. Roman Teutsch, der den Lehrstuhl für Konstruktion in Maschinenbau und Fahrzeugtechnik leitet. Vielleicht könnte aus dem Prototypen künftig ein Produkt werden, das Gehbehinderten hilft, ihre Kinder einfach und selbständig mitzunehmen.
Bu: Michael Weber (li.) und Johannes Imhoff werden die Technik auf der Medica vorstellen.
Foto: Koziel/TUK
Quelle Text/Bild:
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Kaiserslautern: 06.11.2019