Verfahrenstechnik 4.0: Carl-Zeiss-Stiftung fördert Einrichtung eines Juniorprofessuren-Tandems an der TU Kaiserslautern

Künstliche Intelligenz, insbesondere das maschinelle Lernen, wird für Industrieanlagen immer wichtiger: So sollen Anlagen anhand ihrer eigenen Daten kontinuierlich und selbstständig hinzulernen. Andererseits existiert reichlich physikalisches Wissen über solche Anlagen. Was derzeit aber noch fehlt, ist das Zusammenführen des Maschinellen Lernens mit diesem physikalischen Wissen. Genau damit werden sich zwei neue Juniorprofessuren an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) befassen. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert das Projekt für fünf Jahre mit 1,5 Millionen Euro.

Die Chemie ist einer der wichtigsten Industriezweige Deutschlands, die Verfahrenstechnik liefert dafür die Produktionsanlagen. Diese sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der Chemie. Wie kann es wirtschaftliche Produktion ohne Emissionen geben? Wie kann man aus dem Treibhausgas Kohlendioxid nützliche Produkte herstellen? Mit welchen Verfahren können wir den Kohlenstoffkreislauf schließen? – Mit solchen Fragen befassen sich Verfahrenstechniker. „Zur Beantwortung solcher Fragen brauchen wir die Erkenntnisse der Natur- und Ingenieurwissenschaften, ohne die es die ganze chemische Industrie nicht gebe“, sagt Professor Dr. Hans Hasse vom Lehrstuhl für Thermodynamik an der TUK. „Aber es gibt heute im Maschinellen Lernen ganz neue, mächtige mathematische Methoden, die in der Verfahrenstechnik noch gar nicht genutzt werden“, fügt sein Kollege Professor Dr. Marius Kloft vom Lehrstuhl für Maschinelles Lernen hinzu. Beide sind sich einig: die Physik und das Maschinelle Lernen müssen zusammengeführt werden. Das schafft völlig neue Perspektiven – eine Verfahrenstechnik 4.0.

Nicht nur inhaltlich haben die beiden Wissenschaftler neue Ideen, sondern auch zu deren Umsetzung. In einem Antrag an die Carl-Zeiss-Stiftung haben sie vorgeschlagen, an der TUK ein Tandem von Juniorprofessuren einzurichten, die zusammen am Projekt Verfahrenstechnik 4.0 arbeiten sollen. Die eine Professur wird in der Verfahrenstechnik eingerichtet, die andere in der Informatik. Dieser Vorschlag hat überzeugt: die Carl-Zeiss-Stiftung fördert das Projekt in ihrer Förderlinie „Perspektiven“ ab Januar 2020 über einen Zeitraum von fünf Jahren mit insgesamt 1,5 Millionen Euro.

Die beiden Juniorprofessuren werden in den Fachbereichen Maschinenbau und Verfahrenstechnik sowie Informatik zwei Nachwuchsgruppen leiten, die eng verzahnt miteinander arbeiten. Eingebettet sind diese in eine interdisziplinäre Projektgruppe aus erfahrenen Wissenschaftlern, an der neben Ingenieuren und Informatikern auch Mathematiker und Chemiker beteiligt sind. Zur Projektgruppe gehören neben Wissenschaftlern aus der TUK auch solche aus zwei weiteren renommierten Kaiserslauterer Forschungseinrichtungen: dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).

Das neue Tandem ergänzt sich bestens: Die Nachwuchsgruppe in der Informatik arbeitet an den Methoden des Maschinellen Lernens, die Gruppe in der Verfahrenstechnik an der Anwendung dieser Methoden. Dabei reicht der Blick von den grundlegenden Stoffdaten bis zu industriellen Verfahren.

In Vorarbeiten haben Hasse und Kloft schon gezeigt, dass sich durch das Maschinelle Lernen ganz neue Möglichkeiten zur Vorhersage von Stoffdaten von Mischungen bieten. Gerade diese Daten sind in der Verfahrenstechnik besonders wichtig. Aber auch ganze Prozesse wurden schon erfolgreich mit den neuen Methoden in den Blick genommen. Hier hilft das Maschinelle Lernen abzuschätzen, in welchen Bereichen sich die Anlagen sicher betreiben lassen. Diese Arbeiten sollen jetzt weiter ausgebaut werden. Zudem soll es darum gehen, inwiefern Algorithmen des Maschinellen Lernens in der Lage sind, auf der Grundlage von Text- und Bilderkennung wissenschaftliche Arbeiten auf dem hier interessierenden Gebiet selbständig auszuwerten.

Die neuen Juniorprofessoren werden aber nicht nur am Rechner arbeiten, es stehen auch verfahrenstechnische Anlagen zur Verfügung, an denen neue Konzepte praktisch erprobt werden können. Dabei sollen auch neuartige, hochauflösende Sensoren zum Einsatz kommen. „Wir erwarten tiefgreifende Auswirkungen auf die Entwicklung und den Betrieb verfahrenstechnischer Produktionsanlagen“, sagt Professor Hasse über das anstehende Projekt.

„Die erfolgreiche Einwerbung von der Carl-Zeiss-Stiftung ist ein sehr schöner Erfolg“, freut sich Professor Dr. Arnd Poetzsch-Heffter, Vizepräsident für Forschung und Technologie der TUK. „Dass wir nun die interdisziplinäre Verzahnung in einem so wichtigen Zukunftsfeld gleich mit zwei Juniorprofessoren ausbauen können, ist eine große Chance für die TUK. Gleichzeitig ist die Übertragung solcher zukunftsweisender Forschungsgebiete nach unserer Überzeugung ein idealer Weg erfolgreicher Nachwuchsförderung.“

Quelle Text/Bild:
TU Kaiserslautern
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Kaiserslautern: 23.09.2019