Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ bei Bundespressekonferenz

„Hätten Bund und Länder dafür bezahlt, was sie bei uns bestellt haben, wären wir schuldenfrei“
SOS-Ruf: 70 hochverschuldete Kommunen mit mehr als neun Millio-nen Einwohnern fordern gemeinsame Altschuldenhilfe/ Ankündigun-gen des Bundesfinanzministers verheißen nichts Gutes / Warnung vor „politischen Holzwegen“

Seit genau zehn Jahren kämpft das parteiübergreifende Aktions-bündnis „Für die Würde unserer Städte“ mit inzwischen 70 hochver-schuldeten und vom Strukturwandel stark belasteten Kommunen aus acht Bundesländern mit mehr als neun Millionen Einwohnern, um „raus aus der Schuldenfalle“ zu kommen, Gestaltungsfähigkeit wie-derzugewinnen und keine neuen Schulden machen zu müssen. Mit wissenschaftlichen Analysen und Finanzberichten hat dieses Bündnis nachgewiesen, dass die Liquiditätskredite von bundesweit rund 47 Milliarden Euro zum größten Teil nicht selbstverschuldet sind, son-dern eine Folge von nicht ausreichend gegenfinanzierten Bundes- und Ländergesetzen zu Lasten der Kommunen.

Insbesondere die Sozialgesetzgebung des Bundes, die den Kommu-nen die Aufgabe der „letzten“ sozialen Sicherung für die Bürger über-tragen hat – beispielsweise Sozialhilfe, Kosten der Unterkunft – hat wegen der stark angewachsenen sozialen Probleme die Ausgaben überdurchschnittlich ansteigen lassen. Reiche, wachstumsstarke und von sozialen Problemen weniger belastete Kommunen konnten dies tragen, steuer- bzw. strukturschwache jedoch trotz eigenen Sparens, der Schließung von Einrichtungen, der Erhöhung von Steuern und Gebühren und einem Verzicht vieler notwendiger Investitionen nicht.

Nachdem die Oberbürgermeisterinnen, Oberbürgermeister, Bürger-meisterinnen, Bürgermeister und Landräte der finanzschwachen Kommunen mit ihren Forderungen nach mehr Bundes- und Länder-hilfe zur kommunalen Selbsthilfe immer wieder vertröstet worden sind, machen sie nun Druck. Und zwar nicht als Bettler, sondern selbstbewusst. Zum Einen unter Berufung auf die Mitverantwortung von Bund und betroffenen Ländern bei der Verursachung des Alt-schuldenproblems, zum Anderen mit dem Hinweis, dass mit vieler-orts nicht mehr gegebener kommunaler Gestaltungsfähigkeit das demokratische System in Deutschland gefährdet ist. Zum Dritten po-chen sie auf die vom Grundgesetz postulierte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Denn die Bürger in ihren Städten und Gemein-den verstehen nicht mehr, weshalb sie bei immer höheren Abgaben und Steuern immer weniger kommunale Leistungen bekommen als die Bürger in anderen Kommunen. Viele Bürger wenden sich deshalb von unserer Demokratie ab und beteiligen sich nicht mehr an Wah-len.

Dabei erkennt das Aktionsbündnis zwar an, dass der Bund und be-troffene Länder in den vergangenen Jahren bereits Einiges für die Kommunen getan haben. Doch das reicht keinesfalls, denn es löst das Grundproblem nicht und ermöglicht keinen Neustart. Ohne Un-terstützung können die Kommunen in großer finanzieller Not ihre turmhoch aufgelaufenen Verbindlichkeiten selbst in zwei Generatio-nen nicht bezahlen. Auf mutige Entscheidungen in Berlin und vielen Landeshauptstädten kann das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ nicht länger warten. Angesichts der Abschwächung der wirt-schaftlichen Rahmenbedingungen werden Bund und Länder, wenn sie nicht jetzt beherzt und mit Weitblick handeln, viele Jahre nicht mehr handeln können! Die kürzliche Ankündigung des Bundesfinanzminis-ters, die finanzielle Unterstützung der Kommunen bei der noch Jahre dauernden Integration von Zuwanderern zu kürzen, lässt bereits nichts Gutes erwarten.

Für die betroffenen Kommunen und ihre mehr als neun Millionen Einwohner ist es nicht mehr „Fünf Minuten, sondern eine Minute vor Zwölf“. Sie sind das politische „Schwarze-Peter-Spiel“ zwischen Bund und Ländern endgültig leid. Es muss aufhören, dass der Eine immer auf die Initiative des Anderen wartet. Selbstverständlich ist die Ver-antwortung für eine auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen nach dem Grundgesetz Ländersache, dennoch muss sich der Bund als Gesetzgeber für viele kommunale Pflichtaufgaben daran beteili-gen, weil von ihm beschlossene Gesetze zur hohen Verschuldung beigetragen haben. Entsprechende Gespräche des Aktionsbündnisses mit der Bundesregierung und den Bundestagsfraktionen geben zwar Hoffnung, doch jetzt müssen „Nägel mit Köpfen“ gemacht werden.

Zentrale Forderung des Aktionsbündnisses ist die gezielte und auf drei bis vier Jahrzehnte angelegte gemeinsame Altschuldenhilfe von Bund und Ländern, mit der die Entschuldung der Kommunen nach-haltig unterstützt wird. Dabei muss der Bund für eine schnelle und wirksame Entschuldung einen deutlichen Anteil der Altschulden über-nehmen, so dass die Belastung für die betroffenen Länder und Kommunen finanzierbar bleibt. Das ist angesichts des Verursacher-prinzips – nachträgliche Finanzierung bisher unterfinanzierter Pflicht-aufgaben – bei den Altschulden nur gerecht. Erst dies ermöglicht den Neustart in den Kommunen.

Das Aktionsbündnis warnt unter Hinweis auf die seit einigen Monaten tagende Regierungskommission zur Gleichwertigkeit der Lebensver-hältnisse vor politischen „Holzwegen“, die keine wirkliche Lösung bringen. Dazu zählt eine alleinige Zinshilfe für die verschuldeten Kommunen, die lediglich die Tilgung auf die nächsten Generationen abwälzt. Ebenso wird eine weitere Erhöhung der Bundesbeteiligung an den sozialen Leistungen zwar zur künftigen Sicherung eines dau-erhaften Haushaltsausgleichs beitragen, aber nicht zielgerichtet von den Lasten der Vergangenheit befreien. Dies verstärkt die Ungleich-wertigkeit der Lebensverhältnisse zwischen reichen und armen Kommunen. Die finanziell besser gestellten können die Mehreinnah-men beispielsweise zur Senkung von Steuern oder zur Steigerung ihrer Investitionen verwenden, während die finanziell schwächeren die Überschüsse für die Schuldentilgung verwenden müssen.

Den SOS-Ruf der hochverschuldeten Kommunen vor der Bundes-pressekonferenz werden Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) aus Mülheim an der Ruhr, Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis (CDU) aus Pirmasens, Stadtdirektor und Stadtkämmerer Dr. Johan-nes Slawig (CDU) aus Wuppertal und Bürgermeister und Stadtkäm-merer Ralf Latz (SPD) aus Saarbrücken vortragen. Sie sind sich ei-nig: „Hätten Bund und Länder bezahlt, was sie bei uns bestellt ha-ben, würden wir nicht um Hilfe rufen.“

Pressemitteilung des Aktionsbündnisses

Quelle Text/Bild:
Pressestelle der Stadtverwaltung Kaiserslautern
Willy-Brandt-Platz 1
67657 Kaiserslautern

www.kaiserslautern.de

Kaiserslautern, 04.04.2019