Sprengsätze in der Westpfalz – Ermittlungen noch nicht abgeschlossen

Staatsanwaltschaft Kaiserslautern und Polizeipräsidium Westpfalz haben am Vormittag im Zentrum der Justiz Kaiserslautern eine Pressekonferenz zum Fall Bernhard Graumann gegeben (wir berichteten zuletzt unter https://s.rlp.de/1C85T).

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern, Dr. Udo Gehring, betonte, dass die Ermittlungen im Fall Graumann noch nicht abgeschlossen sind. „Die Taten sind überaus gefährlich und heimtückisch. Wir konnten und können nicht sicher sein, alle Taten entdeckt zu haben.“

Die Staatsanwaltschaft berichtete über die strafrechtliche Vergangenheit Graumanns. „Unter der Prämisse, dass Graumann die bisher bekannten Sprengfallen gelegt hat, sind seine Motive und seine Vorgeschichte interessant, weil sie Rückschlüsse auf eventuell noch unentdeckte Sprengfallen ermöglichen könnten“, so Gehring. Die Sonderkommission beleuchtete daher intensiv die privaten und geschäftlichen Kontakte sowie zurückliegende Ermittlungsverfahren gegen Graumann. Beispielsweise wurde Graumann 1989 vor dem Landgericht Kaiserslautern wegen schwerer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte 1985 mit einem Hammer auf einen Mann eingeschlagen. Das Amtsgericht Kaiserslautern verurteilte den Landschaftsgärtner 2011 zudem wegen des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz zu einer Geldstrafe, weil er unerlaubt Böllerschüsse mit einem Vorderlader und Treibladungspulver abgab. Außerdem besaß er ohne Genehmigung Schwarzpulver, das damals beschlagnahmt wurde. Mit einer US-Amerikanerin aus Fischbach (Kreis Kaiserslautern) stritt sich Graumann geschäftlich wegen eines Rechnungsbetrags von etwas weniger als 3.000 Euro. Die Geschädigte aus Otterberg stritt sich in einem zivilrechtlichen Verfahren ebenfalls über eine Rechnung, die ihr der Landschaftsgärtner 2018 stellte. Zum Grund des Streits zwischen Graumann und dem getöteten Arzt machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben, „da der Schutz der Privatsphäre hier Vorrang hat“, so Gehring.

 

Oberstaatsanwalt Christian Schröder stellte das vorläufige Obduktionsergebnis vor. Demnach ergaben sich keinerlei Hinweise auf eine gewaltsame Fremdeinwirkung. Die bisherigen Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen und der sonstigen Ermittlungen lassen den Schluss zu, dass sich Graumann mit einer Überdosis Insulin selbst das Leben genommen und sich die entsprechenden Insulinspritzen selbst verabreicht hat. Die toxikologischen Untersuchungen sind noch nicht vollständig abgeschlossen.

Zum Tod des Arztes erläuterte Schröder, dass der 64-Jährige vermutliche durch eine Handgranate ums Leben kam. Die derzeitigen Untersuchungsergebnisse legen den Verdacht nahe, dass die Granate in einem Behälter aus Holz deponiert gewesen sein könnte und beim Anheben oder Öffnen detonierte.

Die Ermittler fanden im Wohnanwesen von Graumann Waffenteile, Munition, Kupferhülsen, 60 Stahlkugeln und zwei Kilogramm Schwarzpulver. Außerdem beschlagnahmten sie eine Standbohrmaschine, mit der Graumann die zu Sprengvorrichtungen präparierten Holzscheite hergestellt haben dürfte.

Hohe Priorität legte die Polizei auf die Warnung der Bevölkerung. „Wir können nach wie vor nicht ausschließen, dass Graumann weitere Sprengfallen bei Menschen deponiert haben könnte, die mit ihm Streit hatten“, so Kriminaldirektor Heiner Schmolzi. „Wir haben aber durch unsere Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden wesentlich reduziert und einen Schadenseintritt konkret verhindert.“ Der Leiter der Kriminaldirektion Kaiserslautern erklärte, dass die Gefahr hauptsächlich für Menschen, die mit Graumann einen privaten oder geschäftlichen Konflikt hatten, besteht; sich dieser Personenkreis aber nicht sicher bestimmen ließ. Daher entschloss sich die Polizei zu dem ungewöhnlichen Schritt, den vollständigen Namen des Tatverdächtigen zu nennen und die Medien um Unterstützung bei der Suche nach möglichen gefährdeten Personen zu bitten.

Der Leiter der Sonderkommission, Kriminaldirektor Frank Gautsche, erklärte, dass die Polizei bislang 169 Hinweisen nachgeht. Rund 120 Zeugen hatten sich unter einer extra eingerichteten Telefonnummer bei der Sonderkommission gemeldet. „Aufgrund der Hinweise erkannten wir 109 Personen, die mit Graumann in einer konfliktträchtigen Beziehung standen und als potenziell gefährdet anzusehen sind. Mittlerweile konnten wir mit allen Personen in Kontakt treten und deren Wohnungen und Anwesen überprüfen. So konnten wir beispielsweise ein manipuliertes Holzscheit in Fischbach (Kreis Kaiserslautern) finden und kontrolliert zur Sprengung bringen“, erklärte Gautsche. Dabei wurden auch einzelne Objekte in Hessen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein überprüft. Rund 30 Mal kamen dabei Sprengstoffspürhunde zum Einsatz. Das Bundeskriminalamt (BKA) unterstütze die Ermittler mit einem mobilen Röntgengerät, das 19 Mal eingesetzt wurde. Aktuell werden beim BKA und beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz noch Spuren untersucht. Hinweise auf weitere Sprengvorrichtungen haben sich derzeit nicht ergeben, stellte Gautsche fest. Weitere Funde kann er für die Zukunft nicht ausschließen. „Wir sind noch nicht am Ende unserer Ermittlungen“, betonte der Kriminaldirektor. |erf

Präparierter Holzscheit

Quelle Text/Bild:
Polizeidirektion Kaiserslautern
Logenstraße 5
67655 Kaiserslautern

www.polizei.rlp.de

Kaiserslautern, 15.03.2019