Lesetipps von der Buchhandlung „blaue Blume“ 10.01.

Michael Kleeberg – Der Idiot des 21. Jahrhunderts. Ein Divan
Roman | Galiani | 464 Seiten | 24,00 Euro
Ein „Divan“, den der Autor Michael Kleeberg in seinem Romantitel anführt, ist eine persische Sammlung von Texten, vor allem Gedichten. Und derart vielfältig und vielstimmig wie eine solche Zusammenstellung ist auch Michael Kleebergs west-östlicher Roman, der mit einer Vielzahl von Geschichten, Figuren und Genres den Leser zu einer Begegnung mit dem Nahen und Mittleren Osten einlädt. Zentrum des Buchs ist ein Haus, in dem sich Freunde treffen, um sich ihre Geschichten zu erzählen. Hier sitzen z.B. ein ehemaliger Sozialarbeiter und seine Frau, aber auch eine iranische Sängerin und ein Dichter zusammen, lassen das persische Epos „Leila und Madschnun“ wiederaufleben und thematisieren die Terroranschläge von Paris oder die Ansichten eines libanesischen Schiiten. So stehen fast sachliche Passagen neben intensiven Liebesmomenten, geht es um Bürgerkrieg und Lyrik – und der Leser wird mitgerissen auf eine anregende Reise. Ein anspielungsreiches Vergnügen.

Wolf Haas – Junger Mann
Roman | Hoffmann und Campe | 238 Seiten | 22,00 Euro
Der junge Ich-Erzähler in Wolf Haas‘ neuem Roman jobbt in seinem österreichischen Heimatdorf an der Tankstelle. Da wir irgendwann in den 1970ern sind, wischt er bei den wartenden Autos auch gleich die Scheiben und erblickt eines Tages dabei das wunderschöne Gesicht einer jungen Frau – und ist sofort „um den Verstand verliebt“. Leider ist er ein bisschen zu jung und ein bisschen zu dick für die verheiratete Elsa, doch das hält ihn nicht davon ab, sich für sie auf dem Fahrrad abzustrampeln oder ihr Englisch beibringen zu wollen. Dann bittet ihn Elsas Mann, ein LKW-Fahrer, plötzlich, ihn auf eine Fahrt nach Griechenland zu begleiten. Und das verändert alles … Mit kurzen, aber sehr auf den Punkt gebrachten und lakonischen Sätzen erzählt Haas eine Geschichte von der ersten großen Liebe, dem Tod und dem mühsamen Weg zum Erwachsenwerden. Dank seines unnachahmlichen Stils ist das äußerst unterhaltsam!

Hooligans Gegen Satzbau – Triumph des Wissens
Sachbuch | Kunstmann | 128 Seiten | 14,00 Euro
Die HoGeSatzbau haben sich 2014 gegründet, um dem Rechtsruck in den Online-Medien (und darüber hinaus) entgegenzutreten. Nach vielen virtuellen Aktionen gibt es ihre Aufklärung nun auch in diesem herrlichen Mitmach-Buch, das sich auf satirische Art und Weise zum Beispiel der „Rechts-Schreibung“ annimmt. So muss der Leser etwa bei folgendem Facebook-Kommentar die fehlenden Satzzeichen ergänzen und Subjekt, Objekt und Prädikat kennzeichnen: „Haha Antifa. Wir kriegen euch ihr linkes Komponisten pack Sorry meine komonisten“. Und können Sie erkennen, was sich hier verbirgt? „Beyspoolschleger“ oder „enkelerregend“? Mit Humor und Witz wird hier politische Bildung betrieben, denn nach dem Triumph des Wissens haben alternative Fakten keine Chance mehr.

Rolf-Bernhard Essig – Da haben wir den Salat! In 80 Sprichwörtern um die Welt
Kindersachbuch (ab 11) | Hanser | 165 Seiten | 14,00 Euro
Es gibt auf der Welt eine unglaublich große Vielzahl von Sprichwörtern. Und hinter jedem steckt auch eine kleine Kulturgeschichte. Rolf-Bernhard Essig hat für diesen Band 80 Geschichten über Sprichwörter aus allen Kontinenten der Erde versammelt. Warum sagt man in Israel „Er aß den faulen Fisch“ und in der Türkei „Das Werkzeug tut die Arbeit, der Mensch gibt an“? Was meinen die Tuareg, wenn sie sagen „Den Schakal zum Hirten machen“ und die Inder mit dem Satz „Beide Augen des Stiers sind gesund“? Und gibt es vielleicht eine deutsche Entsprechung für das burmesische Sprichwort „Wegen eines Honigtropfens ging das Königreich verloren“? Die von Regina Kehn passend illustrierten Texte erläutern den Hintergrund der Sprichwörter und sorgen für so manche erhellende Erkenntnis. Wer weiß, vielleicht sagt man bald mit den Finnen: „Ich warte mit dem Bart im Briefkasten.“ Na dann: „Guten Tag, Axtstiel!“ (Schweden)

Rebecca Andel – Feder & Klinge
Jugendbuch (ab 14) | Ueberreuter | 412 Seiten | 17,95 Euro
Die junge Ariane hat psychische Probleme – zumindest sieht das ihr Umfeld so – und wird daher in eine Klinik eingewiesen. Ihr Therapeut dort rät ihr, mit dem Schreiben zu beginnen. So entsteht die Geschichte von Raban, der als Nummer 023 in der Anstalt von Dr. Mobius festgehalten wird. Der Wissenschaftler missbraucht die besonderen Fähigkeiten der ihm anvertrauten Kinder für düstere Zwecke, Raban muss fliehen. Plötzlich steht er Ariane leibhaftig gegenüber und die zwei Jugendlichen erkennen, dass die beiden Welten miteinander verbunden sind. Aber Ariane scheint die Kontrolle über ihren Text verloren zu haben … Die junge Österreicherin Rebecca Andel erzählt in ihrem beeindruckenden, wunderbar geschriebenen Debüt von einer fantastischen Welt. Dass sie in dieses Setting „schwere“ Themen rund um psychische Probleme einpasst, macht ihren Roman so lesenswert.

Quelle Text/Bild:
buchhandlung blaue blume
Richard-Wagner-Str. 46
67655 Kaiserslautern

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Kaiserslautern, 10.01.2019