In 30 schwimmenden Häusern im Norden von Amsterdam wird eine neue Form des Energiemanagements realisiert: Sie sind nahezu energieautark und bilden das nachhaltigste schwimmende Quartier in Europa. Vor allen die Niederlande sind bekannt dafür, dem Wasser Land abzuringen; so auch nördlich von Amsterdam, in einem Seitenarm des IJ-Kanals. Hier wird in den nächsten zwei Jahren eine Wassersiedlung mit weitgehend autonomer Energieversorgung entstehen. Das Projekt nennt sich Schoonschip, am besten zu übersetzen mit »Klar Schiff«.
Energiegenossenschaft betreibt eigenes Microgrid
Die Idee: 30 Häuser mit 47 Wohnungen bilden eine Energieeinheit, die ihren Strom mittels Solarenergie weitgehend selbst erzeugt und die Energie mit Wärmepumpen und Batterien auch selbst speichert. Die Häuser sind also untereinander vernetzt, verfügen aber auch über einen Anschluss an das kommunale Stromnetz – einen für das gesamte Wohnprojekt. Dieser Netzknoten dient der Absicherung von Schoonschip in Spitzenverbrauchszeiten, auch bei leeren Batteriespeichern und wenig Sonne. Der Netzanschlusspunkt ist mit einer maximalen Leistung von 135 kW relativ klein für die Anzahl der Wohneinheiten.
Hier kommt nun Amperix®, das Energiemanagementsystem des Fraunhofer ITWM, ins Spiel; entwickelt im Competence Center High Performance Computing. Der Amperix® ist eine Plattform für Microgrids und Energiecommunitys. Neben der Steuerung der Stromspeicher implementiert der Amperix® hier auch eine Sektorenkopplung, d. h. Wärmespeicher in Kombination mit Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge können flexibel entsprechend der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien gesteuert werden. So wird die Lastverschiebung optimiert und Verbrauchsspitzen werden abgeflacht (sogenanntes Peak-Shaving).
Peak-Shaving spart Kosten
Es geht aber nicht nur um eine möglichst lokale und sichere Eigenversorgung, sondern auch um Geld: Die jährliche Gebühr für den gemeinsamen Netzanschluss richtet sich auch nach der Leistungsspitze, nicht nur nach der insgesamt bezogenen Strommenge. Der Amperix® reduziert dank der optimierten Nutzung der Speichermöglichkeiten die Leistungsspitzen und somit die Kosten für die Gemeinschaft.
Schoonschip ist Bestandteil des Projekts Grid-Friends, welches vom ERA-Net Smart Grids Plus und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird. Projektpartner sind das Centrum Wiskunde & Informatica (CWI, Amsterdam), Spectral (Amsterdam) und evohaus (Karlsruhe). Übergeordnetes Ziel ist die Optimierung der Koordinierungsmechanismen zwischen einzelnen Energieverbrauchern und -erzeugern.
Test unter realen Bedingungen
Am vergangenen Samstag wurden die ersten sieben Häuser an ihrem Ankerplatz geschleppt. Matthias Klein, im Competence Center High Performance Computing verantwortlich für die Gruppe Green by IT, war vor Ort: »Die ersten Häuser anschwimmen zu sehen, war wirklich überwältigend. Für uns bietet Schoonschip die einzigartige Gelegenheit, unsere Quartiersmanagement-Technologie weiterzuentwickeln und unter realen Bedingungen zu betreiben.«
Die ersten Energiemessungen werden bereits verarbeitet. Nun folgt die Installation der Amperixe® in den ersten sieben Häusern und die Umsetzung der gemeinschaftlich koordinierten Steuerung der Speicher (Strom, Wärme). Die nächsten Häuser folgen im Frühjahr. Damit ist das Projekt aber nicht abgeschlossen: Die Wassersiedlung wird begrünt in Form schwimmender Gärten; auch die Dächer werden als Grünfläche genutzt.
Weitere Infos unter:
https://www.itwm.fraunhofer.de/de/presse-publikationen/presseinformationen/2018/2018_12_19_Amperix-Energiemanagement-Schoonschip.html
Bild BU:
Alles Klar Schiff beim Amsterdamer Bauprojekt Schoonschip.
Quelle Text/Bild:
Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik
Ilka Blauth, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Platz 1
67663 Kaiserslautern
Internet: www.itwm.fraunhofer.de
Kaiserslautern, 27.12.2018